IACM-Informationen vom 13. Oktober 2018
- Großbritannien: Cannabis wird im November 2018 für medizinische Zwecke verfügbar gemacht
- UNO: Im März 2019 werden die Länder über Empfehlungen der WHO zur Klassifizierung von Cannabis abstimmen
- Wissenschaft/Mensch: Cannabiskonsum ist mit einer signifikanten Reduzierung der Diabetes-Häufigkeit verbunden
- Wissenschaft/Mensch: Cannabis ist nach einer Umfrage wirksam beim Tourette-Syndrom
- Wissenschaft/Mensch: Cannabidiol könnte nach einer Beobachtungsstudie günstig bei der Behandlung von Krebs sein
- Kurzmeldungen
- Blick in die Vergangenheit
Großbritannien: Cannabis wird im November 2018 für medizinische Zwecke verfügbar gemacht
Medizinisches Cannabis wird ab November für britische Patienten durch Verschreibungen nach einer langen Auseinandersetzung mit einem Schwerpunkt auf Kinder und andere Patienten, deren Krankheiten durch die Substanz gelindert wurden, verfügbar gemacht. Bisher fällt die Droge in die Klasse 1 – die strengste mögliche Klasse – nach britischem Gesetz, was dazu führt, dass medizinisches Cannabis nur unter außergewöhnlichen Umständen und mit einer Lizenz durch das Innenministerium verfügbar gemacht wird.
Die veränderte Rechtslage, die die Droge in die Klasse 2 umstuft, wird für Cannabisöl, das THC enthält, gelten. Cannabisextrakte mit CBD und ohne THC sind in Großbritannien bereits legal. Die Entscheidung zur Umstufung von Cannabis geschieht nach einer langen Auseinandersetzung zwischen Befürwortern von medizinischem Cannabis und der regierenden konservativen Partei. Der Kampf führte zu Beginn des Jahres zu einem Ergebnis, nach einer unermüdlichen Kampagne von Müttern von Kindern, die an seltenen Epilepsieformen litten, und die herausfanden, dass medizinisches Cannabis die beste Behandlung für ihre Kinder darstellte.
UNO: Im März 2019 werden die Länder über Empfehlungen der WHO zur Klassifizierung von Cannabis abstimmen
Das ECDD (Expertenkomitee zu Drogenabhängigkeit) der WHO hat die Inkonsistenz der Klassifizierung der Cannabispflanze in die Klasse IV der der Konvention von 1961 akzeptiert. Am 31. Mai hat das ECDD eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt. Während des 41. Treffens des ECDD vom 12. bis 16. November 2018 wird der endgültige Teil der neuen Beurteilung von Cannabis, die sogenannte kritische Übersicht, fertiggestellt.
Der abschließende Schritt wird im März 2019 getan, wenn die Länder während des Treffens der Kommission zu Betäubungsmitteln, einem Organ der Vereinten Nationen, über die WHO-Empfehlungen abstimmen. Es wird wichtig sein, Druck auf die Regierungen der 53 Länder, die darüber abstimmen, auf dem nationalen Niveau auszuüben, um Veränderungen von Cannabis innerhalb der Klassen der Konvention zu ermöglichen.
Präsentation der IACM für das 40. ECDD-Treffen in Genf am 31. Mai 2018
Länder, die beim 62. CND-Treffen im März 2019 abstimmen
Wissenschaft/Mensch: Cannabiskonsum ist mit einer signifikanten Reduzierung der Diabetes-Häufigkeit verbunden
Das Diabetesrisiko wurde bei Menschen, die jemals Cannabis konsumiert hatten, um 19 %, und bei jenen, die es innerhalb der vergangenen 12 Monate verwendet hatten, um 49 % reduziert. Diese Analyse wurde von Wissenschaftlern des Instituts für medizinische Wissenschaften der Universität von Toronto (Kanada) publiziert. Die Daten erhielten sie von der kanadischen Nationalen Epidemiologischen Umfrage zu Alkohol und verwandten Erkrankungen.
Die entsprechenden Odds ratios waren 0,81 bzw. 0,51 für den Konsum irgendwann im Leben und den 12-Monatskonsum von Cannabis. Die Autoren folgerten, dass eine „reduzierte Wahrscheinlichkeit für Diabetes bei Cannabiskonsumenten gegenüber Nichtkonsumenten gezeigt wurde, nachdem eine Reihe möglicher Einflussfaktoren, inklusive psychische Gesundheitsstörungen, berücksichtigt worden waren. Bevor schützende Wirkungen des Cannabiskonsums für Diabetes angenommen werden können, sind weitere epidemiologische Studien notwendig.“
Wissenschaft/Mensch: Cannabis ist nach einer Umfrage wirksam beim Tourette-Syndrom
Gemäß Interviews mit 42 Patienten, die am Tourette-Syndrom leiden und Cannabis für medizinische Zwecke nutzten, verbesserte die Droge bei den meisten Patienten die Symptomkontrolle. Die Studie wurde vom Neurologischen Institut des Medizinzentrums von Tel Aviv und der medizinischen Fakultät Sackler der Universität von Tel Aviv (Israel) durchgeführt. Insgesamt wurden 33 Männer und 9 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 34,5 Jahren interviewt.
Der Gesamtwert für den globalen Eindruck der Wirksamkeit betrug 3,85 von insgesamt 5 möglichen Punkten. Die Patienten berichteten im freien Diskussionsteil des Interviews über eine Reduzierung der Tic-Schwere, besseren Schlaf und eine verbesserte Stimmung. 38 Patienten berichteten von irgendeinem Nutzen der Behandlung, während sich 10 Patienten mit mehr als einjähriger Einnahme aus mehreren Gründen, inklusive schweren Nebenwirkungen wie eine Psychose bei einem Patienten, dafür entschieden, die Behandlung mit Cannabis zu beenden.
Wissenschaft/Mensch: Cannabidiol könnte nach einer Beobachtungsstudie günstig bei der Behandlung von Krebs sein
In einer Beobachtungsstudie mit 119 Patienten mit fortgeschrittenem Krebs, von denen 28 CBD als alleinige Behandlung einnahmen, waren Ärzte in der Lage, Verbesserungen bei einigen Patienten zu dokumentieren. Die Untersucher arbeiten am The Old Brewery und der St George‘s Universität von London (Großbritannien). Sie analysierten Daten, die routinemäßig als Teil des Behandlungsprogramms erfasst wurden, über einen 4-jährigen Zeitraum. Die häufigsten Krebsarten waren Brustkrebs (39 Fälle), Prostatakrebs (16 Fälle) und Dickdarmkrebs (13 Fälle)
Die Autoren stellten fest, dass 8 Patienten sich durch die Verwendung von CBD „klar verbesserten“. Sie litten an Prostatakrebs, Hirntumoren, Brustkrebs, Speiseröhrenkrebs und einem Lymphom. Sie stellten 2 „beeindruckende Fälle“ vor, von denen einer ein 5-jähriger männlicher Patient mit einem Hirntumor (anaplastisches Ependymom) und der andere ein 50 Jahre alter Mann mit tanycytischen Ependymom, einem anderen Hirntumor, war. In beiden Fällen gab es eine Reduzierung des Tumorvolumens, für die CBD verantwortlich gemacht wurde. Aufgrund des Charakters der Studie können daraus keine eindeutigen Schlussfolgerungen gezogen werden.
Kurzmeldungen
Wissenschaft/Zellen: Cannabinoide können die Wirksamkeit von Bortezomib bei Knochenkrebs verstärken
In Studien mit Osteosarkom-Zellen zeigten Wissenschaftler, dass die Wirksamkeit des Krebsmittels Bortezomib durch Moleküle verstärkt werden könnte, die den Cannabinoid-2-Receptor und den TRPV1-Receptor aktivieren. Es gab synergistische Wirkungen auf die Apoptose (programmierter Zelltod), das Fortschreiten des Zellzyklus und der Wanderung dieser Knochenkrebszellen.
Università degli Studi della Campania "Luigi Vanvitelli", Italien .
Punzo F,et al. Pharmacol Res. 2018;137:25-33. [im Druck]
Wissenschaft/Mensch: Der Status der Legalisierung in US-Staaten hat keinen Einfluss auf problematischen Cannabiskonsum
In einer Analyse von 329 häufigen Cannabiskonsumenten in verschiedenen US-Staaten fanden Wissenschaftler „keine Beziehung zwischen der Legalisierung in US-Staaten und problematischem Cannabiskonsum oder Impulsivität“.
Monash Universität, Melbourne, Australien.
Destrée L, et al. Drugs Context. 2018;7:212541.
Wissenschaft: Erhebliche Zunahme der Publikationen zu medizinischem Cannabis in wissenschaftlichen Zeitschriften
Die Zahl der Publikationen zu Cannabis nahm zwischen 2000 und 2017 in den wichtigsten wissenschaftlichen Datenbanken um das 4,5 fache, und die Zahl der Veröffentlichungen zu medizinischem Cannabis nahm nahezu um das Neunfache zu.
Clalit-Gesundheitsservice, südlicher Distrikt, Israel.
Treister-Goltzman Y, et al. Popul Health Manag, 6. Oktober 2018 [im Druck]
Wissenschaft/Mensch: Männer haben mehr Cannabinoid-1-Rezeptoren im Gehirn als Frauen
In einer Studie mit 11 männlichen und 11 weiblichen gesunden Personen fanden Wissenschaftler, dass die Verfügbarkeit von CB1-Rezeptoren im Gehirn bei Männern im Vergleich zu Frauen um durchschnittlich 41 % größer war. Die Wissenschaftler verwendeten eine aufwändige Technik, um die Verfügbarkeit von CB1-Rezeptoren in verschiedenen Hirnregionen sichtbar zu machen.
Turku PET-Zentrum, Universitätskliniken Turku, Finnland.
Laurikainen H,et al. Neuroimage, 5. Oktober 2018 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: Hohe Spiegel eines Endocannabinoids waren mit ungünstigen Ergebnissen nach Herzinfarkt verbunden
In Studien mit Mäusen waren erhöhte Spiegel des Endocannabinoids 2-AG (2-Arachidonoylglycerol), jedoch nicht von Anandamid oder einigen anderen Endocannabinoiden mit einer verstärkten Entzündung und einer größeren Infarktausdehnung nach Herzinfarkt assoziiert.
Institut für Herz-Kreislauf-Prävention, Ludwig-Maximilian-Universität München, Deutschland.
Schloss MJ, et al. Cardiovasc Res, 28. September 2018 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: CBD und CBD-Extrakte reduzieren Symptome in einem Tiermodell der multiplen Sklerose
CBD (Cannabidiol) und ein CBD-Extrakt aus einer Cannabispflanze mit hohem CBD- und einem sehr geringen THC-Gehalt reduzierten Symptome von Mäusen mit EAE (Autoimmunenzephalomyelitis), ein Tiermodell für Multiple Sklerose.
Medizinische Fakultät Hadassah, Hebräische Universität von Jerusalem, Israel.
Gallily R, et al. Inflammopharmacology, 5. Oktober 2018 [im Druck]
Wissenschaft/Mensch: Das Endocannabinoidsystem ist mit Wohlbefinden im späteren Leben verbunden
Das Endocannabinoidsystem wird durch Sport positiv beeinflusst und dies hat positive Wirkungen auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität im späteren Lebensalter.
Institut für Ernährung, Universität von Kalifornien, Davis, USA.
Watkins BA, et al. Mol Aspects Med, 5. Oktober 2018 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: CBD könnte nützlich bei Kokain-Abhängigkeit sein
In einer Studie mit Mäusen reduzierte CBD die verstärkenden Effekte durch Kokain. Die Untersucher zeigten, dass CBD einige Verhaltensauffälligkeiten und molekulare Veränderungen durch eine Kokain-Verstärkung beeinflussen kann.
Institut für Experimentelle und Gesundheitswissenschaften, Universität von Pompeu Fabra, Barcelona, Spanien.
Luján MÁ, et al. Neuropharmacology. 2018;143:163-175.
Wissenschaft/Mensch: Das Endocannabinoidsystem könnte an einer Muskelerkrankung beteiligt sein
Untersucher zeigten die Beteiligung des Endocannabinoidsystems an der Muskeldystrophie Duchenne und schlagen „die Rolle des CB1-Receptor als Angriffspunkt für mögliche Therapien“ vor.
Endocannabinoid-Forschungsgruppe, Italien.
Iannotti FA, et al. Nat Commun. 2018;9(1):3950.
Wissenschaft/Mensch: Cannabiskonsum könnte mit einem erhöhten Risiko für Selbstmord assoziiert sein
Gemäß einer Analyse kanadischer Daten von 2002 und 2012 (43.466 Personen) gab es einen signifikanten Geschlechtsunterschied in der Stärke der Beziehung zwischen Cannabiskonsum und Selbstmordgedanken sowie psychologischem Stress. Weibliche Teilnehmer gaben ein höheres Niveau von Stress und Selbstmordgedanken an. Es ist anhand der Studie unklar, ob Cannabis gegen den Stress verwendet wird oder Ursache für den Stress ist.
McMaster Universität, Hamilton, Kanada.
Halladay JE, et al. Can J Psychiatry. 2018 Sep 27:706743718804542. [im Druck]
Blick in die Vergangenheit
Vor einem Jahr
- Wissenschaft/Mensch: Täglicher Cannabiskonsum könnte die Leber bei Menschen mit HIV und Hepatitis C schützen
- Wissenschaft/Mensch: Cannabis könnte nach einer Beobachtungsstudie hilfreich bei Patienten mit Querschnittslähmungen sein
Vor zwei Jahren
- Wissenschaft/Mensch: In US-Staaten mit medizinischen Cannabisgesetzen gibt es eine größere Teilnahme am Berufsleben und einer Verbesserung der allgemeinen Gesundheit von älteren Personen
- Wissenschaft/Mensch: Cannabis verbessert in einer offenen klinischen Studie Schmerzen und Bewegungen bei Patienten mit Morbus Parkinson
- Wissenschaft/Mensch: Cannabidiol könnte wirksam bei der Behandlung der Epilepsie aufgrund einer tuberösen Sklerose sein
Veranstaltungen 2020
Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.
IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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