IACM-Informationen vom 19. März 2016
- Deutschland: Zwei Patienten mit einer Erlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke, die Cannabis selbst angebaut hatten, wurden freigesprochen
- Wissenschaft/Mensch: CBD-Extrakt nach einer kontrollierten klinischen Studie wirksam bei der Behandlung von Kindern mit Dravet-Syndrom
- Kurzmeldungen
- Blick in die Vergangenheit
Deutschland: Zwei Patienten mit einer Erlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke, die Cannabis selbst angebaut hatten, wurden freigesprochen
Am 9. März hat das Amtsgericht Duisburg Lars S., der am Tourette-Syndrom leidet, vom Vorwurf des illegalen Anbaus von Cannabis freigesprochen. Er besitzt seit mehreren Jahren eine Ausnahmeerlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, das dem Bundesgesundheitsministerium untersteht, für den Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke, weil andere Medikamente nicht ausreichend wirksam sind. Das Gericht erklärte, dass der Angeklagte sich die Cannabisblüten aus der Apotheke, die in Deutschland etwa 15 bis 20 EURo pro Gramm kosten, nicht in dem nötigen Umfang leisten könne und daher keine Alternative zum Eigenanbau hatte. Bei einer Hausdurchsuchung waren insgesamt etwa 450 Gramm Cannabis beschlagnahmt worden. In einem weiteren Verfahren am 10. März vor dem Amtsgericht Karlsruhe gegen Matthias S., der an einer ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) leidet, ging es um etwa 900 Gramm. Auch hier erkannte das Gericht auf einen rechtfertigenden Notstand. In beiden Fällen stimmten die Staatsanwälte dem Urteil zu.
Die Bundesregierung plant für dieses Jahr eine Gesetzesänderung, nach der die Krankenkassen verpflichtet werden sollen, die Kosten einer Therapie mit Cannabisblüten, Sativex, Dronabinol und Nabilon zu erstatten, wenn andere Therapieverfahren nicht ausreichend wirksam oder mit starken Nebenwirkungen assoziiert sind. Sie möchte so erreichen, dass ein Eigenanbau von Cannabis durch Patienten nicht notwendig ist.
Wissenschaft/Mensch: CBD-Extrakt nach einer kontrollierten klinischen Studie wirksam bei der Behandlung von Kindern mit Dravet-Syndrom
Ein Cannabis-basiertes Medikament hat in einer klinischen Studie erfolgreich eine seltene Form einer schweren Epilepsie behandelt. Die Studie mit Epidiolex beim Dravet-Syndrom ist die erste von vier Phase-III-Epilepsie-Studien, von denen die Ergebnisse in diesem Jahr erwartet werden. Das pharmazeutische Unternehmen GW Pharmaceuticals hofft, dass sie den therapeutischen Nutzen von Cannabidiol, dem wichtigsten Cannabinoid in Epidiolex, bestätigen.
GW erklärte am 14. März, dass die Studie mit 120 Patienten gezeigt habe, dass Patienten unter Epidiolex eine mediane Reduzierung der monatlichen Krampfanfälle um 39 % erzielt hätten, verglichen mit einer Reduzierung um 13 % bei den mit dem Placebo behandelten Teilnehmern. Der Unterschied war statistisch hochsignifikant, und der Optimismus zur Zukunft des Medikaments führte zu einem Anstieg des Aktienkurses von GW um 125 %. Es gibt gegenwärtig keine zugelassene Behandlung für das Dravet-Syndrom. Epidiolex, das als als kinderfreundlicher Sirup verabreicht wird, wird auch in Phase-III-Studien für eine weitere seltene Epilepsieform, das Lennox-Gastaut-Syndrom, getestet. Ergebnisse werden in diesem Jahr erwartet.
Press release by GW Pharmaceuticals vom 14. März 2016
Kurzmeldungen
USA: Virginia erlaubt Cannabis-Öl für die Behandlung von Kindern mit Epilepsie
Die Gesetzgeber von Virginia haben eine Gesetzesvorlage angenommen, die die Herstellung und Verwendung von Cannabis-Öl für Patienten mit Epilepsie erlaubt. Das Gesetz wurde von beiden Kammern einstimmig angenommen. Für andere Zwecke ist Cannabis weiterhin illegal.
UPI vom 10. März 2016
Tschechien: Konferenz zu Cannabis und Wissenschaft
Am 18. April 2016 gibt es an der Mendel-Universität in Brno eine Konferenz zu Cannabis und Wissenschaft. Zu den Referenten zählen Lumir Hanuš, Alexandra Sulcova, Oliver Kayser und Mikael Kowal. Für weitere Informationen und die Registrierung schreiben Sie bitte an konopiaveda@mendelu.cz
Schweiz: Tagung zu Cannabis als Medizin
Die SACM (Schweizer Arbeitsgruppe für Cannabinoide in der Medizin) führt am 12. November 2016 in Bern ihre nächste Tagung durch. Zu den Referenten zählen Ethan Russo, Arno Hazekamp, Stephen Wright, Joachim Nadstawek, Guillermo Velasco, Eva Milz, Markus Leweke, Ilya Reznik, Peter und Rudolf Brenneisen.
Weitere Informationen
USA: Klinische Konferenz zu Cannabis-Therapeutika
Patients Out of Time feiert seinen 20. Geburtstag und ist vom 14. bis 16. April in Baltimore Gastgeber der 10. Nationalen Klinischen Konferenz zu Cannabis-Therapeutika. Das Thema der Konferenz lautet „Cannabis: ein botanisches Medikament“.
Mehr Informationen zu Programm, Ausstellungen und Registrierung.
UNO: Ein Vertreter Kanadas erhielt nach seiner Rede bei einer UN-Konferenz zu Betäubungsmitteln großen Applaus
Die neue liberale Regierung nutzte Mitte März ihren ersten Auftritt auf der globalen Anti-Betäubungsmittel-Arena, um eine klare Veränderung weg von der Philosophie des Kriegs gegen die Drogen zu signalisieren, Schadensreduzierung zu fördern und ihren Plan zur Legalisierung von Cannabis vorzustellen. Nach seiner Rede bei der Konferenz der Betäubungskommission in Wien erhielt Hillary Geller vom Gesundheitsministerium von der Zuhörerschaft aus Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen lange stehende Ovationen.
National Post vom 16. März 2016
Wissenschaft/Mensch: Übersicht zeigt geringe bis moderate Effekte von Cannabis auf Verkehrsunfälle
Eine Übersicht von Studien, die den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Verkehrsunfällen untersuchten und zwischen 1982 und 2010 veröffentlicht wurden, zeigt, dass eine akute Cannabisverwendung mit einer statistisch signifikanten Zunahme des Unfallrisikos assoziiert ist. Je nach mathematischem Modell gab es eine Zunahme um 36 oder 22 %. Die Autoren schrieben, dass diese „Zunahme von niedriger bis mittlerer Stärke ist“.
Ragnar Frisch Zentrum für ökonomische Forschung, Oslo, Norwegen.
Rogeberg O, et al. Addiction, 16. Februar 2016 [Im Druck]
Wissenschaft/Tier: Die Aufnahme von Zucker in Gehirnzellen wird durch CB2-Rezeptoren verstärkt
In Zellen und Scheiben von Mäusehirnen verstärkte die Stimulation des CB2-Rezeptors die Aufnahme von Glukose in Astrozyten und Nervenzellen. Die Autoren schrieben, dass ihre Forschung „ein therapeutisches Interesse“ an Cannabinoiden, die den CB2-Rezeptor aktivieren, als mögliche Substanzen gegen Erkrankungen mit einer Abnahme der Hirnleistung, wie beispielsweise der Alzheimer-Krankheit, auslöst.
Zentrum für Neurowissenschaften und Zellbiologie von Coimbra, Universität von Coimbra, Portugal.
Köfalvi A, et al. Neuropharmacology, 11. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Mensch: Regelmäßiger Cannabiskonsum halbierte nahezu die Häufigkeit des metabolischen Syndroms bei Patienten mit Psychosen
In einer Studie, die auf 1813 Erwachsenen mit psychotischen Erkrankungen basierte, war häufiger Cannabiskonsum mit einer Reduzierung des metabolischen Syndroms um 44 % verbunden (OR = 0,56). Das metabolische Syndrom besteht aus mindestens 3 von 5 der folgenden gesundheitlichen Veränderungen: Stammfettsucht (Fettleibigkeit im Bauchbereich), erhöhter Blutdruck, erhöhter Nüchternblutzucker, hohe Triglyceride im Blut und niedrige HDL-Spiegel.
Institut für Psychiatrie und klinische Neurowissenschaften, Universität von Westaustralien, Perth, Australien.
Waterreus A, et al. Psychol Med, 11. März 2016:1-12. [im Druck]
Wissenschaft/Tier: Ein Derivat eines Spinnengifts übt seine schmerzlindernden Eigenschaften durch die Aktivierung von Opiat- und Cannabinoidrezeptoren aus
Das synthetische Peptid PnPP-19, dass dem Spinnengift PnTx2-6 ähnelt, reduzierte Schmerzen bei Ratten, und diese Wirkung wurde durch CB1- und Opiat-Rezeptoren vermittelt.
Abteilung für Biochemie und Immunologie, Bundesuniversität von Minas Gerais, Belo Horizonte, Brasilien.
Freitas AC, et al. Br J Pharmacol, 7. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: Ein Derivat von Curcumin schützt durch eine Beeinflussung der Cannabinoidrezeptor-Dichte vor Leberfibrose
C66, ein stabiler Abkömmling von Curcumin, schützt vor einer Leberzirrhose, die durch eine Chemikalie (CC 14, Kohlenstofftetrachlorid) ausgelöst wurde, indem es die Zahl der CB1-Rezeptoren reduziert und die Zahl der CB2-Rezeptoren anhebt.
Erstes Krankenhaus der Medizinischen Universität von Wenzhou, China.
Huang SS, et al. EUR J Pharmacol, 2. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: Cannabinoide reduzieren eine überaktive Harnblase
Bei weiblichen Ratten mit einer überaktiven Harnblase verbesserte ein synthetisches Cannabinoid (CP 55,940), das ähnlich wie THC wirkt, die Blasenfunktion, und diese Wirkung war sowohl durch CB1- als auch CB2-Rezeptoren vermittelt. Die Autoren schrieben, dass dieses Cannabinoid „eine wirksame Behandlung für Patienten mit Symptomen der unteren ableitenden Harnwege sein könnte“.
Leicester Royal Infirmary, Universität von Leicester, Großbritannien.
Bakali E, et al. Int Urogynecol J, 4. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: THC kann durch eine Modulierung des Immunsystems nützlich bei HIV-Infektionen sein
In einem HIV-Affen-Modell mit Makaken, die mit dem SI-Virus infiziert waren, induzierte THC einige nützliche Wirkungen auf die Erkrankung. Beispielsweise blockierte es die Aktivierung und Vermehrung von CD8+ T-Zellen. CD8+ T-Zellen werden auch zytotoxische T-Zellen oder Killer-T-Zellen genannt. Die Autoren schrieben, dass ihre Forschung „ein Potenzial für die zielgerichtete Immunmodulation bei der HIV-Infektion“ nahelegt.
Nationales Primaten -Forschungszentrum, Covington, USA.
Kumar V, et al. J Virol, 2. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: THC kann die schmerzlindernden Wirkungen von Opiaten verstärken, ohne die Abhängigkeit zu vergrößern
In einer Studie mit 4 Affen war eine Kombination aus Morphium und THC wirksamer bei der Schmerzreduzierung als Morphium allein. Die Autoren schrieben, dass „THC einige (Schmerzlinderung, Toleranz), jedoch nicht alle (Abhängigkeit) Wirkungen von Morphium verstärkt“.
Zentrum für Gesundheitswissenschaften der Universität von Texas, USA.
Gerak LR, et al. J Pharmacol Exp Ther, 2. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: Cannabinoide, die CB2-Rezeptoren aktivieren, können Knochenkrebsschmerzen lindern
Bei weiblichen Ratten reduzierte ein synthetisches Cannabinoid (JWH-015), das nur den CB2-Rezeptor aktiviert, Knochenkrebsschmerzen.
Affiliated Drum-Tower Hospital of Medical College der Universität von Nanjing, China.
Lu C, et al. Cell Mol Neurobiol, 2. März 2016 [im Druck]
Wissenschaft/Tier: Endocannabinoide zeigen antimetastatische und antiinvasive Wirkungen bei Krebs
Bei Mäusen reduzierte die Blockade des Enzyms (FAAH), das für den Abbau mehrerer Endocannabinoide verantwortlich ist, dosisabhängig die Metastasenbildung bei Lungenkrebs. Im Gewebe der Tiere verhinderten diese Blocker (AA-5HT, URB597) auch die Ausbreitung des Krebses in benachbartes Gewebe.
Institut für Toxikologie und Pharmakologie, medizinische Fakultät der Universität Rostock, Deutschland.
Winkler K, et al. Oncotarget, 22. Februar 2016 [Im Druck]
Blick in die Vergangenheit
Vor einem Jahr
- Wissenschaft/Mensch: Cannabiskonsum ist bei Patienten, die sowohl mit dem HIV als auch mit dem HCV infiziert sind, mit einem reduzierten Diabetes-Risiko assoziiert
- USA: Gesetz zu medizinischem Cannabis wurde in den Kongress eingebracht
- Wissenschaft/Mensch: THC kann sicher bei alten Personen mit Demenz eingesetzt werden
Vor zwei Jahren
Veranstaltungen 2020
Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.
IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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