IACM-Informationen vom 22. August 1998
- Südafrika: THC-Präparat Elevat und Diskussionen über die Legalisierung von Dagga
- Schweiz: Freispruch bei Cannabiskonsum zu medizinischen Zwecken
- USA: Mitarbeiter eines Cannabis Buyers Clubs zu Stadt-Bevollmächtigten erklärt
- Wissenschaft: Weitere Beiträge vom Treffen der Internationalen Gesellschaft für Cannabinoid-Forschung vom 23.-25. Juli in Frankreich
- Kurzmeldungen
Südafrika: THC-Präparat Elevat und Diskussionen über die Legalisierung von Dagga
Eine multinationale südafrikanische Firma hat ein Medikament mit dem psychotropen Inhaltsstoff von Cannabis, THC bzw. Dronabinol, auf den Markt gebracht. Die neue Marke von Pharmacare heißt Elevat und ist damit die zweite legale THC-Zubereitung nach Marinol, welche in den USA von Unimed Pharmaceuticals hergestellt wird.
Im Gegensatz zu Marinol, das synthetisch hergestelltes THC enthält, werde das Dronabinol für Elevat aus der Cannabispflanze extrahiert. Bereits 1993 hatte die Firma ein Patent für Dronabinol angemeldet. Das Drogengesetz war danach verändert worden, damit ein entsprechendes Medikament zugelassen werden konnte. Elevat unterliegt der Verschreibungspflicht durch einen Arzt und soll bei Übelkeit und Erbrechen bei Krebschemotherapie sowie zur Appetitsteigerung bei Aids eingesetzt werden.
Nach Angaben von Pharmacare wird das Dronabinol für Elevat aus dem Ausland importiert. Kommentatoren halten es für eine Ironie, daß Südafrika, welches so reich an hochwertigem Dagga - der südafrikanische Name für Marihuana bzw. Drogenhanf - ist, die Droge importiere. Die lokale Produktion könne Elevat preiswerter machen.
Nach Angaben der US-amerikanischen Drogenbehörde (Drug Enforcement Agency) weist der illegale Handel mit Dagga aus Südafrika ein Volumen von 18 Milliarden Dollar auf. Damit sei der illegale Marihuana-Handel etwa zweimal so umfangreich wie der legale Handel mit alkoholischen Getränken. Südafrika ist der weltgrößte Marihuana-Produzent, noch vor Ländern wie Mexiko, den USA oder Kolumbien.
Die Anwältin und Drogenexpertin Jenny Wild forderte die Legalisierung von Dagga, damit die Bauern von der pharmazeutischen Nachfrage profitieren könnten. Die Prohibition führe nur dazu, daß allein Pharmacare von Dronabinol profitiere. Helen Suzman von der Menschenrechtskommission erklärte, daß arme Länder wie Südafrika wertvolle ResQuellen in einen hilflosen Kampf gegen Drogen verwendeten, während sie eine Einkommensquelle darstellen könnten.
Die Vereinigung der pharmazeutischen Produzenten wendet sich gegen eine Legalisierung: "Unsere Position ist der Legalisierung von Dagga entgegengerichtet. Wir werden über eine krasse Legalisierung von abhängigkeitserzeugenden Substanzen sehr besorgt sein. Natürlich verdienen wir Geld damit [mit Dronabinol]. Aber es ist nur die organisierte Kriminalität, die das große Geld damit macht."
Dr. Helen Rees von der Kontrollbehörde für Medikamente (MCC, Medicines Control Council) erklärte: "Die gesetzliche Einteilung von Medikamenten in verschiedene Kategorien soll der Kontrolle dienen und nicht den Zugang verhindern." Das Mißbrauchspotential von Dronabinol führe dazu, daß es immer mit Vorsicht behandelt werde, wenn man jedoch an das MCC mit einem überzeugenden Vorschlag für medizinische Forschung und Entwicklung herantrete, werde man sich ernsthaft damit befassen.
(Quelle: Comtex Newswire vom 14. August 1998)
Schweiz: Freispruch bei Cannabiskonsum zu medizinischen Zwecken
Das Schweizer Bezirksgericht der Sense sprach einen Mann frei, der nach eigenen Angaben Marihuana zu medizinischen Zwecken verwendete. Vor einem Jahr, am 18. September 1997, beschlagnahmte die Polizei 6 Kilogramm Hanfkraut bei ihm. Der Besitzer erhielt daraufhin einen Strafbefehl über 1.000 Schweizer Franken (ca. 1.200 DM bzw. 8.400 ÖS) "wegen Konsum und Besitz von Marihuana". Die Staatsanwaltschaft sprach von einer Übersteigung des "zulässigen THC-Gehaltes".
Der Beschudigte legte Widerspruch ein. Er verwende das Hanfkraut nur zur Behandlung seines Asthma und verwies darauf, daß in der Schweiz keine THC-Grenzwerte für Hanf existieren und jeder Schweizer Heilmittel zur privaten Verwendung selbst herstellen dürfe. Es existierten keine Beschränkungen hinsichtlich der Zusammensetzung dieser Heilmittel. Das Betäubungsmittelgesetz sei ein Gesetz über den Umgang mit Heilmitteln, die für die Öffentlichkeit bestimmt seien.
Das Bezirksgericht folgte dieser Argumentation und hob den Strafbefehl auf. Die private medizinische Verwendung von Hanf sei nicht strafbar. Neben der Schweiz hat auch das Fürstentum Lichtenstein eine Gesetzgebung, die diese - weltweit einzigartige - Sichtweise erlaubt.
(Quelle: ots, Verein Schweizer Hanffreunde vom 18. August 1998)
USA: Mitarbeiter eines Cannabis Buyers Clubs zu Stadt-Bevollmächtigten erklärt
Mitarbeiter des Cannabis Buyers Clubs der Stadt Oakland in Kalifornien wurden am 13. August im Rahmen einer Zeremonie in der oakländer Stadthalle von der Stadtvertretung zu offiziellen Bevollmächtigten der Stadt erklärt. Mit diesem neuartigen Vorgehen im Kampf um die Möglichkeit eines Zugangs zu Marihuana für Schwerkranke soll das Personal des Klubs, der etwa 1.800 Mitglieder hat, vor den Zugriffen der Bundesjustiz geschützt werden.
"Die Oakland Cannabis Buyers Kooperative unterhält ein sauberes, legitimes Unternehmen. Sie trägt zur Wiederbelebung der Innenstadt von Oakland bei und verhindert, daß schwerkranke Menschen ihre Medizin auf der Straße kaufen müssen," erklärte Vizebürgermeister Nate Miley, Vorsitzender des städtischen Komitees für öffentliche Gesundheit. "Wir sind erfreut, der Kooperative unsere größtmögliche Unterstützung zu geben, und hoffen, daß andere Städte unserem Beispiel folgen werden."
Robert Raich, ein Rechtsanwalt des Klubs, sagte, die Erklärung des Personals zu Stadt-Bevollmächtigten schütze es nach dem Betäubungsmittelgesetz von 1970. Dieses gewähre Bevollmächtigten, die eine Verordnung im Zusammenhang mit kontrollierten Substanzen durchführen, Immunität gegenüber der Verantwortlichkeit des Bundes.
Bundesstaatsanwälte streben seit einiger Zeit die Schließung des Klubs von Oakland und weiterer Klubs in Kalifornien an. Die meisten waren im Zuge der Annahme von Proposition 215 im November 1996 über die medizinische Verwendung von Marihuana entstanden. Ein Bundesrichter hatte in diesem Frühjahr erklärt, daß das erfolgreiche Volksbegehren nicht die Bundesgesetze außer Kraft setze, so daß die Klubs illegal seien. Viele Klubs in Nordkalifornien mußten dem juristischen Druck bereits nachgeben und schließen.
Es ist noch unklar, ob die Maßnahme der Stadt Oakland die Kooperative wirklich vor dem Zugriff der Bundesjustiz schützen wird. Bundesvertreter haben den Vorgang bisher nicht kommentiert. "Uns ist die Entscheidung bekannt und wir überprüfen den Vorgang gerade," sagte Gregory King, ein Sprecher des Justizministeriums. Die Vertreter der Stadt sind sich darüber im klaren, daß die getroffenen Maßnahmen eventuell noch nicht ausreichen. Man sei in diesem Fall aber weiterhin entschlossen. "Wenn das nicht ausreicht, dann machen wir den nächsten Schritt. Dann erhält möglicherweise jeder Mitarbeiter des Klubs einen Gehaltsscheck von der Stadt Oakland," erklärte Joe de Vries, ein Mitarbeiter von Miley.
(Quellen: Reuters vom 13. August 1998, AP vom 14. August 1998, Orange County Register vom 14. August 1998, Boston Globe vom 14. August 1988)
Wissenschaft: Weitere Beiträge vom Treffen der Internationalen Gesellschaft für Cannabinoid-Forschung vom 23.-25. Juli in Frankreich
****Anandamide hemmen wirksam und selektiv die Vermehrung von Brustkrebszellen:
In Zellexperimenten hemmte das körpereigene Cannabinoid Anandamid (AEA) dosisabhängig die Vermehrung von Brustkrebszellen verschiedener Zelllinien. Das andere körpereigene Cannabinoid 2-Arachidonoylglyzerol (2-AG) und das synthetische Cannabinoid HU-210 waren ebenfalls wirksam. Das Wachstum von Krebszellen anderer Herkunft wurde nicht beeinflußt. Die Wirkung auf die Brustkrebszellen wurde durch den Cannabinoid-Rezeptor-Antagonisten SR141716A gehemmt. (Di Marzo et al.).
****Delta-9-THC verstärkt die schmerzhemmende Wirkung von Opiaten:
Es konnte im Tierversuch mit Mäusen gezeigt werden, daß die schmerzhemmende Wirkung der Opiate Morphin, Codein, Methadon, Oxymorphon und Hydromorphon durch THC-Gaben deutlich verstärkt wird. Der Cannabinoid-Rezeptor-Antagonist SR141716A blockierte die Verstärkung der Morphinwirkung durch THC. Verschiedene Opiat-Rezeptor-Antagonisten zeigten unterschiedliche Einflüsse. Weitere Versuche sollen zeigen, ob geringe THC-Gaben bei Mäusen die Entwicklung einer Morphintoleranz verzögern. Dies hätte wichtige Konsequenzen für die Verbesserung der Schmerztherapie. (Cichewicz und Welch).
(Quelle: 1998 Symposium on the Cannabinoids, Burlington, Vermont, International Cannabinoid Research Society, Tagungsband)
Kurzmeldungen
Wissenschaft:
Nach einem Beitrag von Dr. Kenneth S. Kendler und Kollegen in einer Fachzeitschrift für Psychiatrie (American Journal of Psychiatry) besteht ein genetischer Einfluß auf eine Abhängigkeit von Marihuana bei Frauen. Zur Ermittlung des Cannabiskonsums wurden 1.934 weibliche Zwillinge befragt. Danach hatten die Erbfaktoren einen geringen Einfluß darauf, ob jemals Marihuana konsumiert wurde, jedoch einen starken Einfluß auf einen starken Konsum, Mißbrauch und möglicherweise Abhängigkeit. Umgekehrt hatten Familie und Umwelt einen starken Einfluß darauf, ob jemals Cannabis konsumiert wurde, aber nur einen geringen Einfluß auf einen starken Konsum.
(Quelle: UPI vom 3. August 1998)
Australien:
Westaustralien will Strafverfahren durch Ordnungsstrafen bei Drogenvergehen ersetzen, wenn es sich um ein erstmaliges Vergehen und weniger als 50 Gramm Marihuana handele. Entsprechende Versuche werden am 1. Oktober in zwei Polizeidistrikten beginnen und bei Erfolg ausgeweitet. Westaustralien folgt damit dem Beispiel der Bundesländer Viktoria, australisches Hauptstadtgebiet, Südaustralien, nördliches Territorium und Tasmanien, welche in der jüngeren Zeit ähnliche Schritte unternommen haben.
(Quelle: NORML vom 20. August 1998)
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IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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