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IACM-Informationen vom 09. Januar 1999

Großbritannien: Erste legale Ernte von Marihuana für die medizinische Verwendung

Am 30. Dezember wurde das erste, mit einer Lizenz von der Regierung angebaute Cannabis für die medizinische Forschung durch ein speziell ausgewähltes Team von Botanikern geerntet. Mehrjährige Studien mit insgesamt bis zu 2.000 Personen sollen im Frühjahr beginnen, wenn aus den Pflanzen Medizin hergestellt wurde. Mit ihr sollen Verfahren zur Behandlung von Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Epilepsie entwickelt werden.

Der Drogenhanf wurde rund um die Uhr bewacht, während hunderte von potenten Pflanzen in den letzten vier Monaten eine Höhe von 2,5 Meter erreichten. Niemand außer dem Innenministerium und den Mitarbeitern von GW Pharmaceuticals kennen den genauen Ort des Gewächshauses in Südengland.

Dr. Geoffrey Guy, Leiter des Pharmaunternehmens, besitzt die einzige Lizenz für den Anbau des Betäubungsmittels für die medizinische Forschung. Diese wird mehrere Jahre dauern. Die Regierung hat eine Serie weiterer Studien genehmigt, die von der Königlichen Pharmazeutischen Gesellschaft durchgeführt werden.

Dr. Guy sagte, dass Großbritannien das einzige Land mit einem pragmatischen und offenen Einstieg in die Erforschung der Droge sei. "Wir erfreuen uns einer liberalen Forschungslandschaft," erklärte er. "Unser erstes Ziel ist die Durchführung von Forschung und nicht die Suche nach tausend Gründen, um sie zu blockieren."

Botaniker haben zehn Hanfsorten für den ersten Anbau ausgewählt, mit dem Ziel, einen hohen Ertrag an Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) zu erzielen. Die geschätzten 1.000 Multiple-Sklerose-Kranken, die in Großbritannien illegal Cannabis verwenden, kaufen ein Produkt mit einem hohem Gehalt an THC, dem wichtigsten psychoaktiven Inhaltsstoff.

Wissenschaftler sind auch an CBD interessiert, von dem angenommen wird, dass es die Nebenwirkungen von THC vermindert und nützlich bei der Behandlung von Schlaganfall und Epilepsie sein könnte. Dr. Guy: "Möglicherweise werden wir eine spezielle MS-Sorte oder eine spezielle Epilepsie-Sorte züchten."

Nach der Ernte wurden die Pflanzen zum Trocknen aufgehängt. Danach werden sie vorbereitet für die Herstellung eines flüssigen Extrakts, der mit speziellen Inhalatoren angewandt werden soll.

(Quelle: The Times vom 28. Dezember 1998, persönliche Mitteilung von David Watson)

Wissenschaft: Forschung zu den blutdrucksenkenden Eigenschaften von Endocannabinoiden

Wissenschaftler an der medizinischen Fakultät der Universität Nottingham (Großbritannien) erforschen die Wirkungen von Endocannabinoiden auf den Kreislauf. Diese vom Körper hergestellten Substanzen binden an die gleichen Rezeptoren wie Cannabinoide der Hanfpflanze. Der Prototyp der Endocannabinoide, das Anandamid (N-Arachidonylethanolamid), ein Abkömmling der Arachidonsäure, relaxiert die Blutgefäße, besonders in den Widerstandsgefäßen (Arterien). Dies kann den Blutdruck senken.

Die Studie wird mit 120.000 Englischen Pfund von der britischen Herzstiftung unterstützt. Dr. David Kendall, einer der Wissenschaftler, erklärte: "Diese Forschung soll uns weiteren Aufschluss darüber geben, wie diese Substanzen den Kreislauf beeinflussen. Das ist ein neues und aufregendes Forschungsgebiet, das schließlich in besseren Behandlungsmöglichkeiten für eine Reihe von Herzkreislaufkrankheiten münden könnte."

Professor Brian Pentecost, medizinischer Direktor der britischen Herzstiftung, erklärte: "Dies sind natürliche Substanzen, die in jedem Körper vorkommen, und sie scheinen wichtige Wirkungen auf den Kreislauf zu haben. Wir hoffen, dass dieses Projekt neue Aufschlüsse darüber bringt, wie wir diese Effekte nutzen können, um Herzpatienten zu helfen."

Zwischen 10 und 20 Prozent der Erwachsenen in den westlichen Gesellschaften leiden an einem hohen Blutdruck. Bluthochdruck belastet Herz und Blutgefäße und vergrößert erheblich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden oder eine Herzerkrankung zu entwickeln.

Die Aktivierung von Kaliumkanälen scheint eine Rolle bei der durch Anandamid verursachten Gefäßrelaxation zu spielen. Dr. Michael Randall und Dr. David Kendall aus Nottingham schlagen vor, dass ein Endocannabinoid die Stickstoffmonoxid- und Prostaglandin-unabhängige Komponente der endothelabhängigen Relaxation ist. Es konnte kürzlich gezeigt werden, dass Anandamid von Endothelzellen produziert wird. (Endothelzellen kleiden die Innenwände von Blutgefäßen aus. Stickstoffmonoxid und Prostaglandine spielen eine wichtige Rolle bei der endothelabhängigen Relaxation, können aber nicht alle Effekte erklären.)

Diese Hypothese hat zu einer wissenschaftlichen Kontroverse geführt. Es ist unklar, ob der Effekt auf die Blutgefäße cannabinoidrezeptorabhängig (Randall 1997) oder cannabinoidrezeptorunabhängig ist (Plane 1997). Eine Forschergruppe der Medizinischen Fakultät von Wisconsin in Milwaukee schlägt vor, dass der gefäßerweiternde Effekt von Anandamid aus seiner Umwandlung zu Arachidonsäure, gefolgt von einer enzymatischen Umwandlung in gefäßerweiternde Eikosanoide wie etwa Prostaglandine resultiert (Pratt et al. 1998).

Weitere Beobachtungen hinsichtlich der Rolle von Endocannabinoiden bei der Blutgefäßrelaxation von anderen Forschergruppen:

Die Aktivierung peripherer CB1-Cannabinoidrezeptoren trägt zum hämorrhagischen Blutdruckabfall beim septischen Schock bei. Sie scheinen durch Anandamid aus Makrophagen (Fresszellen) und durch 2-Arachidonylglycerol (ein anderes Endocannabinoid) aus Blutplättchen aktiviert zu werden (Varga 1998). Ein Anandamid-Signalsystem existiert auch in der Niere, wo es relevante gefäßrelaxierende und neuromodulatorische Effekte ausübt. Es kommt der CB1- und der CB2-Rezeptor vor. Die Gefäßrelaxation wird durch einen CB1-Cannabinoidrezeptorantagonisten blockiert (Deutsch 1997).

(Quellen: PA News vom 29. Dezember 1998; Randall MD, Kendall DA: EUR J Pharmacol (1998) 346:51-53; Randall MD, Kendall DA: Trends Pharmacol Sci (1998) 19:55-58; Varga K, et al: FASEB J (1998) 12:1035-1044; Deutsch DG, et al.: J Clin Invest (1997) 100:1538-1546; Plane F, et al: Br J Pharmacol (1997) 121:1509-1511; Pratt PF, et al: Am J Physiol (1998) 274:H375-381; Randall MD, et al: EUR J Pharmacol (1997) 333:191-197)

Kurzmeldungen

USA:
Der neu gewählte Generalstaatsanwalt von Kalifornien, Bill Lockyer, hat eine neue Haltung gegenüber Proposition 215, Kaliforniens zwei Jahre altem Gesetz zur medizinischen Verwendung von Marihuana, signalisiert. Unter Lockyers Vorgänger, Dan Lungren, hatten die lokalen Landkreise und Städte nahezu keine Chance, das Gesetz umzusetzen. Herr Lockyer erklärte, dass er den Wählerwillen umsetzen werde.
(Quelle: Orange County Register vom 4. Januar 1999)

Holland:
Die Niederlande haben deutlich weniger Cannabiskonsumenten als zuvor gedacht. Dies sagt eine Studie, die am 5 Januar veröffentlicht wurde. Die Studie, die vom Gesundheitsministerium finanziert und von der Universität von Amsterdam sowie dem Zentralen Statistikbüro durchgeführt wurde, fand, dass 15,6 Prozent aller Holländer im Alter von 12 Jahren oder darüber jemals Cannabis verwendet oder probiert haben, gegenüber einem Prozentsatz von 32,9 Prozent in den USA. 2,5 Prozent der Holländer hatte Cannabis innerhalb des letzten Monats konsumiert.
(Quelle: Reuters vom 6. Januar 1999)

Frankreich:
Frankreich sollte nach einem Bericht eines interministeriellen Komitees an die Regierung einen pragmatischeren Ansatz zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs wählen. Es sollte berücksichtigt werden, dass Alkohol und Tabak weit mehr Menschen töten als Heroin oder Kokain. Die Zeitung 'Le Monde', die am 7. Januar Auszüge des Berichts veröffentlichte, sagte, das Komitee habe die Regierung gedrängt, eine Politik anzuwenden, "die alle Arten von Suchtverhalten berücksichtigt, unabhängig vom legalen Status des Produkts." Etwa zwei Millionen Menschen in Frankreich (etwa 5 Prozent) rauchen Cannabis.
(Quelle: Reuters vom 7. Januar 1999)

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