IACM-Informationen vom 03. April 1999
- Deutschland: Übergabe der Unterschriftenlisten zur Frankfurter Resolution
- Wissenschaft: Neues Patent für Dexanabinol als TNF-Alpha-Hemmer
- Kurzmeldungen
- Blick in die Vergangenheit
Deutschland: Übergabe der Unterschriftenlisten zur Frankfurter Resolution
Am 22. März 1999 wurden der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Christa Nickels (MdB, Bündnis 90/Die Grünen), etwa 11.000 Unterschriften zur Unterstützung der Frankfurter Resolution für die medizinische Verwendung von Marihuana und die Förderung der Forschung übergeben. Frau Nickels erklärte in einer Pressemitteilung, dass aufgrund medizinischer Erfahrungen die Anwendung von Cannabis bei verschiedenen Erkrankungen wie Aids, Krebs und Multiple Sklerose erfolgversprechend sei. Daher unterstütze sie entsprechende Forschungsvorhaben.
Die Frankfurter Resolution wurde am 4. Dezember 1998 beim Kongess "Medical Marijuana" in Frankfurt vorgestellt. Sie wird unterstützt von den Aids-Hilfen, akzept e. V., der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM), der Deutschen AIDS-Hilfe, der Deutsche Epilepsievereinigung, der Deutschen Gesellschaft für Algesiologie, der Deutschen Gesellschaft für Drogen- und Suchtmedizin, der Deutschen Gesellschaft niedergelassener Ärzte zur Versorgung HIV-Infizierter (DAGNÄ), dem Bundesverband Poliomyelitis und dem SCHMERZtherapeutischen Kolloquium (STK).
Bei einem Gespräch zwischen Unterstützern der Frankfurter Resolution und Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums wurden Möglichkeiten besprochen, wie ein legaler Zugang zur arzneilichen Verwendung von Cannabis geschaffen werden könnte, ohne auf eine langwierige arzneimittelrechtliche Zulassung eines Medikamentes warten zu müssen. An dem Treffen nahmen unter anderem teil: Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident des STK, Rüdiger Kriegel, Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe, Trixi Frings von der Berliner Selbsthilfegruppe, Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der ACM, Frau Nickels, ihr persönlicher Referent Martin Köhler und Dr. Möller von der Abteilung für Betäubungsmittel des Bundesgesundheitsministeriums.
Grotenhermen erklärte nach dem Gespräch: "Frau Nickels hat deutlich gemacht, dass es für Cannabis keinen Sonderweg beim Zulassungsverfahren für ein Medikament auf Cannabisbasis geben könne. Sie zeigt jedoch große Sympathie für Menschen, die bereits heute Cannabisprodukte therapeutisch nutzen, und ist ernsthaft an pragmatischen Lösungen für einen baldigen legalen Zugang interessiert."
Auf einer Pressekonferenz vor dem Treffen kündigten Ärzte Pläne für eine Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot einer Behandlung mit Cannabisprodukten an. An dieser Beschwerde werden sich Ärzte aus den Vorständen des STK, der DAGNÄ und der ACM sowie weitere Mediziner beteiligen. Grundlage der Beschwerde ist die im Artikel 12 des deutschen Grundgesetzes verbriefte Behandlungsfreiheit des Arztes. Diese dürfe zwar durch Gesetze wie etwa das Betäubungsmittelgesetz eingeschränkt werden, das Verbot einer Behandlung mit Cannabis bei schwerer Krankheit sei jedoch nicht verhältnismäßig.
(Quelle: ACM)
Wissenschaft: Neues Patent für Dexanabinol als TNF-Alpha-Hemmer
Pharmos Corporation gab am 23. März bekannt, dass es vom US-amerikanischen Patentamt eine Bewilligung für ein neues Patent auf Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha-hemmende Pharmazeutika erhalten habe. Dieses umfasse die Verwendung von Dexanabinol sowie verschiedene nichtpsychotrope Cannabinoid-Analoga, -Abkömmlinge oder -Metaboliten für die Behandlung der Multiplen Sklerose.
Der nichtpsychotrope THC-Abkömmling Dexanabinol ist in den letzten Jahren umfangreich in Tierstudien untersucht worden. Er schützt Nervenzellen wirksam gegen Folgen einer verminderten Durchblutung oder Sauerstoffversorgung. Dexanabinol weist Eigenschaften eines NMDA-Rezeptorantagonisten auf und ist ein neuer Hemmer der TNF-Alpha-Produktion. TNF-Alpha ist ein von einigen Immunzellen gebildeter Botenstoff (Zytokin), der eine Rolle bei Entzündungen, Blutbildung, Wundheilung und einigen anderen Prozessen spielt. Dexanabinol könnte zur Behandlung von Gehirnschäden verwendet werden, die in der Folge von Schädelverletzungen und beim Schlaganfall auftreten, und es könnte die schädlichen Effekte von Nervengas neutralisieren.
In vorklinischen Studien hatte Pharmos nachgewiesen, dass Dexanabinol entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Es verursacht nicht die bekannten Nebenwirkungen anderer entzündungshemmender Medikamente, die zur Behandlung der Multiplen Sklerose eingesetzt werden, wie etwa Kortison, und es weist nicht die Psychoaktivität des THC auf.
"Unsere Erwartungen, dass Dexanabinol eine Vielzahl neurologischer Anwendungsmöglichkeiten hat, werden unter anderem durch seine Verbesserung der Schwere der Multiplen Sklerose bei Tieren bestätigt," erklärte Dr. Haim Aviv, Präsident von Pharmos. "Dexanabinols nervenschützende Eigenschaften könnten auch nützlich bei der Vorbeugung oder der Verminderung der durch die Multiple Sklerose verursachten kumulativen neurologischen Schäden sein. Wir erwarten den Beginn der Phase-III-Studien zur Bestätigung der Wirksamkeit von Dexanabinol bei Schädelverletzten."
Eine kürzlich erfolgreich beendete klinische Phase-II-Studie wies nach, dass Dexanabinol bei der Verwendung an Patienten mit schweren Schädelverletzungen ein sicheres Präparat ist und gut toleriert wird. Es gab weder in der Medikamenten- noch in der Plazebo-Gruppe unerwartete Nebenwirkungen. Der Druck im Schädelinnern (intrakranialer Druck), ein wichtiger Faktor und Indikator für ein schlechtes neurologisches Ergebnis, war in der Medikamenten-Gruppe bis zum dritten Therapietag signifikant vermindert, ohne dass gleichzeitig der systolische Blutdruck abnahm.
(Quellen: PR Newswire vom 23. März 1999, Dow Jones vom 23. März 1999, ACM)
Kurzmeldungen
Wissenschaft:
Der vollständige, 290seitige Bericht des US-amerikanischen Medizininstituts "Marihuana und Medizin: Bewertung der wissenschaftlichen Basis", der am 17. März 1999 veröffentlicht worden war, befindet sich nun im Internet unter: >www.taima.org/nas/iom0.htm< und >prop1.org/thomas/iom_report/iomlv.htm<
Wissenschaft:
Eine Studie an ein- und zweieiigen Zwillingen fand heraus, dass der genetische Einfluss auf eine Drogenabhängigkeit etwa ein Drittel der Abhängigkeit ausmacht, die Familie ein weiteres Drittel sowie Freunde, Peers und Mitarbeiter das restliche Drittel. Allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Abhängigkeitsformen. Die Studie, die in der Fachzeitschrift "Archives of General Psychiatry" erscheint, fand heraus, dass die Gene mehr als die Hälfte des Risikos einer Heroinabhängigkeit und 33 Prozent einer Abhängigkeit von Marihuana bestimmen. "Das bedeutet nicht, dass Abhängigkeit durch Gene vorbestimmt ist. Es bedeutet nur, dass einige von uns anfälliger für einen Drogenmissbrauch sind, wenn wir sie ausprobieren," erklärte Dr. Jack Goldberg von der Universität von Illinois in Chicago. Die Studie, die von Dr. Ming Tsuang von der Harvard-Universität geleitet worden war, widerlegt auch den alten Glauben, dass die Verwendung von weniger suchtbildenden Drogen wie Marihuana Leute auf den Weg zur Abhängigkeit von Kokain oder Heroin bringe.
(Quelle: Toronto Star vom 26. März 1999)
Wissenschaft:
Menschen, die mäßige Mengen Marihuana rauchen, sind hinter dem Lenkrad nicht gefährlicher als völlig nüchterne Fahrer, erklärten kanadische Wissenschaftler. Fahrer, die es rauchten und fahren, sollten nicht dämonisiert werden. Während Marihuana wie Alkohol die Leistung beeinträchtige, würden Menschen, die nach dem Rauchen von mäßigen Cannabismengen fahren, diese Beeinträchtigung durch langsameres und vorsichtigeres Fahren kompensieren, erklärte der Wissenschaftler Alison Smiley von der Universität von Toronto: "Das vorsichtigere Verhalten von Personen, die Marihuana [in Studien] erhielten, verminderte die Bedeutung der Droge für die Leistung. Ihr Verhalten ist ihrer Beeinträchtigung besser angepasst, während Personen, die Alkohol bekamen, zu einem risikoreicheren Fahrverhalten tendierten."
(Quellen: Toronto Star vom 30. März 1999, Reuters vom 31. März 1999)
Sport:
Schwimmer dürfen nach neuen Regeln zukünftig Cannabis rauchen, ohne vom Sport ausgeschlossen zu werden, so lange sie es nicht während eines Wettbewerbs tun. Die Regeländerungen wurden auf einem außerordentlichen Kongress des Schwimmweltverbandes FINA beschlossen. Die FINA hat zwei Listen von verbotenen Substanzen beschlossen - solche, die während eines Wettkampfes, und solche, die außerhalb des Wettkampfes verboten sind. Steroide befinden sich auf beiden Listen. Cannabis wurde in die gleiche Kategorie wie Erkältungsmittel eingestuft.
(Quelle: Australian Associated Press vom 1. April 1999)
Blick in die Vergangenheit
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IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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