IACM-Informationen vom 29. September 2007
- Wissenschaft: THC normalisierte die gestörte psychomotorische Leistungsfähigkeit und die Stimmung bei einem Patienten mit einer Hyperaktivitätsstörung
- USA: Der Staat Washington versucht, eine Standarddosis für Cannabis zu definieren
- Kurzmeldungen
- Blick in die Vergangenheit
Wissenschaft: THC normalisierte die gestörte psychomotorische Leistungsfähigkeit und die Stimmung bei einem Patienten mit einer Hyperaktivitätsstörung
Wissenschaftler am Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg untersuchten die Wirkungen von Cannabis auf fahrrelevante Funktionen bei einem 28-jährigen Mann mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Er hatte in den vergangenen Jahren mehrfach gegen Verkehrsregeln verstoßen, und sein Führerschein war ihm wegen des Fahrens unter dem Einfluss von Cannabis entzogen worden. Er zeigte während des ersten Treffens mit einem Psychologen in nüchternem Zustand ausgeprägte Verhaltensauffälligkeiten, war unangepasst und in seiner Konzentration schwer beeinträchtigt. Ihm wurde die Durchführung fahrrelevanter Tests unter dem Einfluss des Cannabiswirkstoffes Dronabinol (THC), den seine Ärztin ihm zur Verbesserung seiner Symptomatik verschrieben hatte, gestattet. Der Untersucher erwartete, dass er unter dem akuten Einfluss von THC nicht in der Lage sein würde, Auto zu fahren.
Beim zweiten Besuch war sein Verhalten jedoch deutlich verbessert und er erbrachte durchschnittliche und zum Teil überdurchschnittliche Leistungen in allen Tests zur Reaktionsgeschwindigkeit, Daueraufmerksamkeit, optischen Orientierung, Wahrnehmungsgeschwindigkeit, Wachheit und geteilten Aufmerksamkeit. Eine nach den Tests entnommene Blutprobe ergab eine hohe THC-Konzentration von 71 ng/ml im Blutserum. Er gab später zu, Cannabis geraucht und nicht Dronabinol eingenommen zu haben, weil es zu teuer sei. Die Forscher stellten fest, dass "Menschen mit ADHS häufiger als die statistische Norm gegen Verkehrsregeln verstoßen, kriminelle Taten begehen und in Verkehrsunfälle verwickelt sind", und schließen aus ihrer Untersuchung, dass "bei Personen, die an ADHS leiden, zumindest in Einzelfällen auch untypische, teilweise sogar leistungssteigernde Wirkungen nach dem Konsum von Cannabis in Betracht gezogen werden müssen".
(Quelle: Strohbeck-Kuehner P, Skopp G, Mattern R. Fahrtüchtigkeit trotz (wegen) THC. Arch Kriminol 2007;220(1-2):11-9.)
USA: Der Staat Washington versucht, eine Standarddosis für Cannabis zu definieren
Nach dem medizinischen Cannabisgesetz des Staates Washington können entsprechend qualifizierte Patienten Cannabis bis zu einer Menge besitzen, die 60 Tage lang reicht. Nun will der staatliche Gesetzgeber wissen, wie viel dies ist, da es keine Standarddosis und auch keine Standardmethode zur medizinischen Verwendung von Cannabis gibt. Daher führt der Staat Anhörungen durch, um die Meinungen von Experten und Bürgern zu erfragen, wie ein zweimonatiger Vorrat bestimmt werden sollte. Gegenwärtig bestimmt die Polizei jedes Kreises für sich, was einen 60-tägigen Vorrat ausmacht.
Von den 12 Staaten, die medizinische Cannabispatienten vor staatlicher Verfolgung schützen, ist Washington der einzige ohne klare Richtlinien zur Menge, die ein Patient oder ein bestimmter Betreuer besitzen darf. Oregon erlaubt den größten Vorrat - 24 Unzen (etwa 680 Gramm) oder sechs reife Pflanzen - und verschiedene Staaten erlauben Patienten, nur eine Unze (etwa 28 Gramm) von verwendbarem Cannabis zu besitzen. In Kalifornien setzt das staatliche Gesetz die Grenze bei acht Unzen oder sechs reifen Pflanzen, aber die Städte und Kreise dürfen höhere Grenzen festlegen. Es gibt Befürchtungen unter Patienten in Washington, dass der Staat die Grenze zu niedrig ansetzen könnte. Öffentliche Kommentare zu diesem Thema werden bis zum Ende des Jahres akzeptiert, und Anfang 2008 wird das Gesundheitsministerium eine vorgeschlagene Regel veröffentlichen.
(Quelle: Los Angeles Times vom 23. September 2007)
Kurzmeldungen
Wissenschaft: Schutz des Herzens
Nach einer Studie von Forschern der hebräischen Universität in Jerusalem schützte das nicht psychoaktive Cannabinoid Cannabidiol (CBD) in einer tierexperimentellen Studie das Herz vor Schäden durch eine reduzierte Blutversorgung. Eine Herzarterie wurde bei Ratten für 30 Minuten unterbunden. Bei Tieren, die danach sieben Tage lang mit CBD behandelt worden waren, war die Infarktgröße im Vergleich mit nicht behandelten Ratten um 66 Prozent reduziert. (Quelle: Durst R, et al. Am J Physiol Heart Circ Physiol, 21. September 2007 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])
Wissenschaft: Schizophrenie
Forschern der Medizinischen Hochschule Hannover untersuchten bei 104 Patienten mit Schizophrenie und 140 gesunden Kontrollpersonen, ob Mutationen des Cannabinoid-1-Rezeptors mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Schizophrenie assoziiert war. Eine solche Beziehung wurde nicht entdeckt. (Quelle: Seifert J, et al. Neurosci Lett, 10. August 2007 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])
Wissenschaft: Neuer Cannabinoidrezeptor
Nach Forschern des pharmazeutischen Unternehmens AstraZeneca gibt es nun genügend Hinweise, nach denen der Rezeptor GPR55 ein neuer Cannabinoidrezeptor ist. Unter den Substanzen, die an diesen Rezeptor binden, befinden sich die Endocannabinoide Anandamid und Virodhamin, das pflanzliche Cannabinoid Cannabidiol und die synthetischen Cannabinoide CP55940 und abnormales Cannabidiol. (Quelle: 17. September 2007 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])
Blick in die Vergangenheit
Vor einem Jahr
- Wissenschaft: Nabilon reduziert Schmerzen bei Patienten mit Spastik
- Deutschland: Eine Zusammenfassung der einjährigen Arbeit der Hanfapotheke
- Wissenschaft: THC reduziert den Augeninnendruck bei Patienten mit Glaukom
Vor zwei Jahren
Veranstaltungen 2020
Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.
IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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