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IACM-Informationen vom 21. März 1998

Kanada: Strenger Grenzwert für THC in Hanflebensmitteln in Kanada: 10 Mikrogramm pro Gramm

1998 werden kanadische Landwirte zum ersten Mal seit 60 Jahren wieder Hanf anbauen dürfen. Dies erklärte Gesundheitsminister Allan Rock am 13. März: "Diese neue Feldfrucht hat ein riesiges Potential für die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, der Industrie, der Forschung und im Einzelhandel."

Nach der Schweiz hat nun eine zweite Industrienation einen Grenzwert für THC in Lebensmitteln erlassen. Dieser ist wesentlich strenger als der schweizerische. Im Jahre 1996 wurde in der Schweiz ein Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Gramm eingeführt. In Kanada gilt jetzt für Handel, Import und Export ein Grenzwert von 10 Mikrogramm THC pro Gramm Lebensmittel.

Ein Grenzwert von 10 Mikrogramm wird von den in EURopa auf dem Markt befindlichen Produkten auf Hanfbasis im allgemeinen deutlich unterschritten. Allerdings kann es Probleme beim Speiseöl aus Hanfsamen geben. Hanfsamen enthalten zwar kein THC, dennoch gerät bei der Produktion etwas THC der Samenhüllblätter in das Öl. 15 Öle, die im Pharmazeutischen Institut der Universität Bern (Prof. Dr. Rudolf Brenneisen) hergestellt worden waren, wiesen THC-Gehalte von 3 bis 30 Mikrogramm pro Gramm auf. Kommerziell erhältliche Öle enthielten meistens über 10 Mikrogramm THC pro Gramm.

Das deutsche Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) hatte sich mit einer Pressemitteilung vom 22. Oktober 1997 in die Diskussion um THC-Grenzwerte in Hanflebensmitteln mit noch strengeren Forderungen eingeschaltet. Mit dem Hinweis auf eine mögliche Beeinträchtigung des Immunsystems, des hormonellen Systems und der Embryonalentwicklung wurde eine maximale Aufnahme von 1-2 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht gefordert. Daraus läßt sich ein Grenzwert von etwa einem Mikrogramm THC pro Gramm Lebensmittel ableiten.

Mit der Thematik befaßte Wissenschaftler reagierten auf die BgVV-Forderung in einer Pressemitteilung vom 27.Oktober 1997 mit Unverständnis. Für diesen Maximalwert gäbe es keine wissenschaftliche medizinische Basis, er gefährde jedoch eine aufstrebende junge Industrie. In der EURopäischen Union werden zur Zeit Grenzwerte für THC in Lebensmitteln diskutiert mit dem Ziel einer einheitlichen Regelung in den Mitgliedsländern.

(Quellen: Pressemitteilung von Health Canada vom 13. März 1998; AP vom 13. März 1998; Lehmann, T. et al.: J. Anal. Toxicol. 21, 373-375, 1997; Pressemitteilung des BgVV vom 22. Oktober 1997; Pressemitteilung von Grotenhermen/Karus/Theimer/Mölleken/Schillo vom 27. Oktober 1997)

Spanien: Verteidigung der medizinischen Verwendung von Marihuana bei Symposium in Madrid

Vom 4.-5. März 1998 fand in Madrid/Spanien ein internationaler Einladungs-Workshop zu den Cannabinoiden statt. Zu den Themen zählten pharmakologische und molekulare Aspekte der Cannabinoid-Rezeptor-Systeme, endogene Liganden, Wirkungen der Cannabinoide auf die Fortpflanzung, die Rolle des endogenen Cannabinoid-Systems auf die Gehirnentwicklung sowie mögliche therapeutische Anwendungsmöglichkeiten der Cannabinoide und Cannabinoid-Analoga.

Zu den Referenten zählten Roger R. G. Pertwee von der Universität Aberdeen/Großbritannien, Billy Martin von der Virginia Commonwealth Universität/USA, Raphael Mechoulam von der hebräischen Universität/Israel, José A. Ramos und José A. Fuentes von der Universität Complutense/Spanien, Vinzenzo Di Marzo von der CNR in Neapel/Italien, Allyn Howlett von der Saint Louis Universität/USA und andere.

Nach Ansicht der Teilnehmer seien Cannabis und einzelne Cannabinoide wirksam bei einer Anzahl schwerer Erkrankungen, darunter Schmerzerkrankungen und Multiple Sklerose.

(Quellen: ICRS Interactive News Forum, CORA)

Wissenschaft: Therapeutische Verwendung von Cannabis

Auszug aus dem Leserbrief "Therapeutic use of cannabis" von Dr. Franjo Grotenhermen in der Fachzeitschrift Lancet:

"(...) Einzelne Cannabinoide sind teure Medikamente und werden selten verwendet. Obwohl wir es als Wissenschaftler ignorieren können, als Ärzte sollten wir erkennen, daß die Verwendung illegaler natürlicher Cannabisprodukte von unsicherer Qualität so lange anhält wie kein einfacher legaler Zugang zu preiswerten medizinischen Cannabiszubereitungen besteht. Es muß starke wissenschaftliche Argumente gegen eine medizinische Verwendung der ganzen Pflanze geben, um diese unbefriedigende Situation zu rechtfertigen.

(...) Viele Patienten mit verschiedenen Erkrankungen profitieren täglich therapeutisch, indem sie die bekannten medizinischen Effekte von Cannabis mit illegalen Zubereitungen unterschiedlichen Ursprungs reproduzieren. Dies könnte noch sicherer mit standardisierten, sorgfältig hergestellten Zubereitungen durchgeführt werden.

(...) Das Argument, welches die Cannabinoide dem Cannabis gegenüberstellt, basiert auf dem Wunsch, sich von jenen abzugrenzen, die sich für eine Legalisierung von Cannabis aussprechen. Möglicherweise basiert es auf der Angst, in der wissenschaftlichen Fachwelt nicht ernst genommen zu werden, aber gerade diese Angst kann die Glaubwürdigkeit des wissenschaftlichen Argumentes untergraben."

(Quelle: Lancet vom 7. März 1998)

Kurzmeldungen

Deutschland:
Der Ehemann einer Schmerzpatientin mit Poliomyelitis aus der Nähe von Göttingen, die nach ärztlichem Gutachten von der Verwendung von Marihuana profitiert, wurde in der vergangenen Woche wegen Cannabisbesitzes zu einer Geldstrafe von ca. 2000 DM verurteilt. (Quelle: Persönliche Mitteilung)

Großbritannien:
Am 28. März findet in London eine von der Zeitung Independent organisierte Großdemonstration für die Legalisierung von Cannabis statt. (Quelle: Independent)

Großbritannien:
Eine 40-jährige Frau aus Danvers Road/Devon, die an Multipler Sklerose leidet, wurde am 13. März von einem Richter verwarnt. Sie habe mit einer Strafe zu rechnen, wenn sie weiterhin Marihuana anbaue oder besitze. (Quelle: PA News vom 13. März 1998)

USA:
Die Bürgermeister von San Francisco, Oakland, Santa Cruz und West Hollywood haben Präsident Clinton aufgefordert, die beabsichtigte Schließung von Cannabis Buyers Clubs in Kalifornien zurückzunehmen. (Quellen: AP vom 19. März 1998, Washington Post vom 19. März 1998)

USA:
Etwa 60% der Amerikaner befürworten eine Verschreibung von Marihuana an Schwerkranke. Die Zeitung der amerikanischen medizinischen Gesellschaft (JAMA, Journal of the American Medical Association) hatte dazu die Ergebnisse von 47 nationalen Umfragen der vergangenen Jahre analysiert. (Quelle: JAMA vom 18. März 1998)

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