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IACM-Informationen vom 18. März 2006

Wissenschaft/Großbritannien: Gemischte Ergebnisse in einer Studie mit Sativex bei Spastik aufgrund multipler Sklerose

Am 17. März gab GW Pharmaceuticals enttäuschende Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit dem Cannabisextrakt Sativex bei 335 Personen mit Spastik wegen MS bekannt. Das Unternehmen erklärte, dass Multiple-Sklerose-Patienten, die sich an das Studienprotokoll gehalten hätten, einen Nutzen gehabt hätten. Eine Analyse aller Studienteilnehmer – ob sie sich an das Protokoll gehalten hätten oder nicht – habe jedoch keinen signifikanten Vorteil gegenüber dem Placebo ergeben.

Diese Ergebnisse bedeuten, dass GW möglicherweise den Antrag auf Zulassung von Sativex in Großbritannien verschieben wird. "Wir brauchen hinsichtlich der Zulassung eine Atempause und müssen entscheiden, ob wir mit dem Antrag für diese Indikation mit Volldampf vorwärts gehen, oder ob es für uns strategisch mehr Sinn macht, auf die Ergebnisse der Studien zu neuropathischen Schmerzen zu warten, bevor wir den Antrag stellen", erklärte Geschäftsführer Justin Gover gegenüber Reuters.

Alle Patienten, die an der am 17. März vorgestellten Studie teilnahmen, nahmen die besten verfügbaren Medikamente gegen Spastik und nahmen sie auch während der Studie ein. Daher waren alle Verbesserungen, die in der Studie beobachtet wurden, über die gegenwärtig verfügbare Medikation hinaus erzielt worden. Der primäre Zielparameter war die Verbesserung der Spastik, gemessen auf einer numerischen Skala zwischen 0 und 10. Die Dauer Behandlung während der Studie betrug 14 Wochen.

(Quellen: Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 17. März 2006, Reuters vom 17. März 2006)

Wissenschaft: THC vermindert nächtliche Unruhe bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit

Wissenschaftler der Charité in Berlin stellten in einer kleinen Studie eine positive Wirkung von THC auf die nächtliche Unruhe bei sechs Patienten mit fortgeschrittener Demenz, darunter fünf Alzheimer-Patienten, fest. Sie erhielten zwei Wochen lang abends 2,5 mg THC. Das Medikament führte bei allen Teilnehmern zu einer objektiven Reduzierung der nächtlichen motorischen Aktivität, die mit einem Bewegungsmesser an einem Arm bestimmt wurde. Im Mittel nahmen die nächtlichen Bewegungen auf 59 Prozent des Ausgangswertes ab.

In einer begleitenden Beurteilung neuropsychologischer Symptome durch die Untersucher mittels eines standardisierten Fragebogens (Neuropsychiatric Inventory) ergab sich ein günstiger Einfluss von THC auf das motorische Verhalten, Agitiertheit, Reizbarkeit und Störungen des Appetits. Nebenwirkungen traten nicht auf. Die aktuelle Studie bestätigt Untersuchungen aus den Jahren 1997 und 2003, nach denen THC die Unruhe von Alzheimer-Patienten reduzieren kann.

Agitiertheit ist mit den bisher zur Verfügung stehenden Medikamenten, wie beispielsweise Neuroleptika, oft nicht befriedigend behandelbar. Die Autoren der aktuellen Studie weisen darauf hin, dass THC eine neue Behandlungsoption für diese Patientengruppe darstellen und dabei helfen könnte, kostenintensive und langzeitige stationäre Aufenthalte zu vermeiden. Eine etwas höhere Dosierung könne möglicherweise noch stärkere therapeutische Wirkungen zeigen.

(Quelle: Walther S, Mahlberg R, Eichmann U, Kunz D. Delta-9-tetrahydrocannabinol for nighttime agitation in severe dementia. Psychopharmacology (Berl) 7. März 2006; [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft: Gedächtnis und Aufmerksamkeit werden durch moderaten regelmäßigen Cannabiskonsum nicht verschlechtert

Wissenschaftler der Universität von Utrecht in den Niederlanden fanden zwischen moderaten gewohnheitsmäßigen Konsumenten von Cannabis, die die Droge eine Woche lang nicht verwendet hatten, und Nicht-Konsumenten keine Unterschiede bei der Bewältigung von Tests, die das Arbeitsgedächtnis und die selektive Aufmerksamkeit untersuchten. Zudem fanden sie keine Unterschiede in den mithilfe der funktionellen Kernspintomographie (fMRI) erhaltenen allgemeinen Mustern der Hirnaktivität. Eine nähere Betrachtung der Hirnaktivität ergab jedoch eine signifikante Veränderung in einem kleinen Bereich in der linken Hirnrinde.

Die gewohnheitsmäßigen Cannabiskonsumenten hatten in ihrem Leben bisher zwischen 675 und 5400 Cannabiszigaretten und im vergangenen Jahr zwischen 75 und 900 (Median: 350) Cannabiszigaretten geraucht. Nicht-Konsumenten hatten insgesamt bisher zwischen 0 und 15 Cannabiszigaretten geraucht. Beim Arbeitsgedächtnistest mussten sich die Teilnehmer fünf Konsonanten einprägen. Später wurden ihnen dann Konsonanten gezeigt, und die Teilnehmer mussten einen Knopf drücken, wenn ein Konsonant aus der eingeprägten Liste vorkam. Der Test zur selektiven Aufmerksamkeit verlangte von den Teilnehmern, dass sie Töne, die eine höhere oder tiefere Tonlage als der Ausgangston hatten, und Punkte, die größer oder kleiner als der Ausgangspunkt waren, erkennen.

Die Forscher schlussfolgerten, dass sie "bei gewohnheitsmäßigen, jedoch relativ moderaten Cannabiskonsumenten nach einwöchiger Abstinenz keine Hinweise auf grobe langzeitige Defizite beim Arbeitsgedächtnis und bei der selektiven Aufmerksamkeit fanden". Allerdings merkten sie an, dass sie wegen des Unterschiedes bei der Aktivität in einer Hirnregion, die am Arbeitsgedächtnis beteiligt ist, "Wirkungen von Cannabis auf die Gehirnfunktion nicht vollständig ausschließen können". Frühere Studien hätten sich auf extrem starke Konsumenten konzentriert, die nicht repräsentativ für die Mehrzahl der Freizeitkonsumenten von Cannabis seien.

(Quelle: Jager G, Kahn RS, Van Den Brink W, Van Ree JM, Ramsey NF. Long-term effects of frequent cannabis use on working memory and attention: an fMRI study. Psychopharmacology (Berl) 7. März 2006; [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Kurzmeldungen

Argentinien: Medizinische Verwendung
Zum ersten Mal hat die argentinische Justiz in Erwägung gezogen, dass der Besitz von Cannabis zum Eigenbedarf gerechtfertigt sein könnte, wenn dies zu medizinischen Zwecken geschieht. Ein Berufungsgericht hat die Verurteilung einer Frau durch eine niedrigere Instanz, die wegen Cannabisbesitz angeklagt war, aufgehoben, weil das Gericht den Grund für den Besitz der Droge nicht berücksichtigt habe. María Romilda Servini de Cubría gab an, dass sie den Cannabis zur Linderung ihrer durch eine Wirbelsäulenerkrankung hervorgerufenen Schmerzen und zur Förderung ihres Schlafes konsumierte. (Quelle: El Pais vom 13. März 2006)

Deutschland: Studie zur Strafverfolgung
Nach einer Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht weist die Strafverfolgung von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Bundesländern auf. Nach der vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenen Untersuchung "werden bei konsumbezogenen Cannabisdelikten in Bayern bis zu 60%, in Schleswig-Holstein und in Berlin aber bis zu 90% der Verfahren ohne Auflagen eingestellt". Diese Unterschiede erschienen "im Lichte der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nicht unproblematisch". Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahre 1994 die Politik angemahnt, für eine weitgehend einheitliche Rechtspraxis zu sorgen. (Quelle: Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts vom 9. März 2006)

Wissenschaft: Arthritis
In Zellstudien mit Knorpelzellen untersuchten britische Forscher die Wirkungen zweier synthetischer Cannabinoide auf den Abbau von Knorpelbestandteilen, der durch Interleukin-1-alpha verursacht worden war. Interleukin-1 ist ein Protein, das an Entzündungen beteiligt ist. Die Cannabinoide schützten die Knorpelstruktur vor dem Abbau, eine Wirkung, die möglicherweise durch Cannabinoidrezeptoren vermittelt war. (Quelle: Mbvundula EC, et al. J Pharm Pharmacol 2006;58(3):351-8)

USA: Meinungsumfrage zur Legalisierung
Nach einer Umfrage, die von Zogby International durchgeführt worden war, unterstützen 46 Prozent der Bürger der USA eine Änderung des Bundesgesetzes, "die den Staaten eine rechtliche Regelung und Besteuerung von Marihuana, vergleichbar mit der von Spirituosen und Glücksspielen, ermöglichen würde". 49 Prozent der Befragten waren gegen diese Gesetzesänderung und fünf Prozent enthielten sich. Insgesamt befragte Zogby 1004 Erwachsene. (Quelle: NORML vom 16. März 2006)

USA: Steve Kubby
Nach offiziellen Angaben wurde Steve Kubby aus Kalifornien, ein Aktivist für die medizinische Verwendung von Cannabis, der Anfang des Jahres gezwungen worden war, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, nach dem Verbüßen eines Drittels seiner viermonatigen Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen. Er war im Jahre 2001 nach Kanada geflohen, nachdem er wegen Besitzes von Halluzinogenen zu dieser Strafe verurteilt worden war. (Quelle: Associated Press vom 7. März 2006)

Blick in die Vergangenheit

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