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IACM-Informationen vom 24. Mai 2003

Großbritannien: Bayer plant Vermarktung von Sativex, ein Medikament auf Cannabisbasis

Die deutsche Arzneimittel- und Chemiegruppe Bayer AG erklärte am 21 Mai, sie habe mit GW Pharmaceuticals eine Vereinbarung zur Vermarktung eines Schmerz- und Multiple-Sklerose-Medikamentes auf Cannabisbasis getroffen.

Bayer erklärte in einer Stellungnahme, es habe die Exklusivrechte für die Vermarktung des Präparates in Großbritannien erworben sowie für eine begrenzte Zeit die Option, über Rechte in der EURopäischen Union und Kanada zu verhandeln. Die Vereinigten Staaten sind allerdings nicht Teil des Vertrages und eine Lancierung auf den weltgrößten pharmazeutischen Markt wird noch mindestens zwei oder drei Jahre dauern. Das Unternehmen erklärte, es habe GW bei Vertragsunterzeichnung einen Geldbetrag gezahlt und werde später weitere Zahlungen in einer Gesamthöhe von 25 Millionen Pfund (35 Millionen EURo) leisten, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der multiplen Sklerose, neuropathischen Schmerzen und Krebsschmerzen in Großbritannien erfolgt sei.

GW werde das Produkt, das in den Mund gesprüht wird, unterstützen und einen Teil der Gewinne erhalten. Bayer will das Medikament unter dem Namen Sativex vermarkten. GW hatte das Präparat im März zur Genehmigung durch die zuständige Behörde (Medicines Control Agency) eingereicht. Eine Zulassung werde wahrscheinlich am Jahresende erfolgen, erklärte ein Sprecher von GW.

(Quelle: Reuters vom 21. Mai 2003)

Deutschland: Erster Freispruch für medizinischen Cannabiskonsumenten

Am 15. Mai wurde erstmals ein Patient, der Cannabis zu medizinischen Zwecken verwendet, von einem deutschen Gericht freigesprochen. Richter Bauer vom Amtsgericht Mannheim erklärte nach Anhörung zweier medizinischer Sachverständiger, es liege eine Notstandslage vor. Die Verwendung von Cannabis sei daher unter den konkreten Umständen gerechtfertigt.

Im Jahre 1999 waren bei Michael F., der Cannabis gegen Symptome der multiplen Sklerose verwendet, 200 Gramm und drei Jahre später weitere 400 Gramm der Droge mit einem THC-Gehalt von ca. 3 Prozent beschlagnahmt worden.

Die medizinischen Sachverständigen Dr. Zvonko Mir, Chefarzt einer MS-Klinik in Sundern, in der der Betroffene behandelt worden war, und Dr. Hans-Michael Meinck, Professor an der neurologischen Klinik der Universität Heidelberg, befürworteten die Verwendung von Cannabis vor allem wegen der ausgeprägten Ataxie (Störung der Bewegungsabläufe) des Betroffenen.

Der Angeklagte zählte zu den Patienten, die 1999 Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot, Cannabis zu medizinischen Zwecken zu verwenden, eingelegt hatten. Das Gericht hatte die Kläger jedoch aufgefordert, zunächst den gerichtlichen Instanzenweg zu durchlaufen, bevor das höchste deutsche Gericht sich mit der Thematik befassen wollte. Es hatte auf die Möglichkeit eines Antrages auf eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hingewiesen. Das dem Bundesgesundheitsministerium unterstellte Institut hatte jedoch in der Folgezeit sämtliche Anträge von Patienten auf eine medizinische Cannabisverwendung abgelehnt.

Michael F. hatte zudem vergeblich versucht, eine Kostenübernahme bei der Krankenkasse für eine Behandlung mit dem Cannabiswirkstoff Dronabinol (THC) zu erreichen. Einige Kassen erstatten die Therapiekosten, andere nicht. Sein Rechtsanwalt, Robert Wenzel aus Hamburg, bezeichnet das Urteil des Amtsgerichts daher als "konsequent und richtig". Die Staatsanwaltschaft hat jedoch Berufung vor dem Landgericht eingelegt.

Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der IACM, wies daraufhin, dass in Deutschland zwar Dronabinol verschreibungsfähig sei und demnächst auch ein Cannabisextrakt verschreibungsfähig werden soll. Ohne eine Verpflichtung der Krankenkassen zur Übernahme der Behandlungskosten seien viele Patienten jedoch weiterhin auf den preiswerteren illegalen Cannabis angewiesen und von Strafverfolgung bedroht.

Australien: Neu-Süd-Wales plant Erlaubnis medizinischer Cannabis-Verwendung

Der bevölkerungsreichste Staat Australiens plant, Schwerkranken die Verwendung von Cannabis als Medikament zu erlauben. Dies erklärte Bob Carr, Premier von Neu-Süd-Wales, am 21. Mai.

Allerdings hat der Vorschlag einer vierjährigen Versuchsphase massive Empörung unter Anti-Drogen-Kämpfern ausgelöst, obwohl der Premier gelobte, eine harte Linie gegen den Freizeitkonsum beizubehalten. "Wenn es um Marihuana geht, so ist das keine soziale Revolution," erklärte Carr von der Mitte-Links-Labour-Partei. "Dies ist eine Maßnahme, um etwas Barmherziges für jemanden zu tun, der mit multipler Sklerose lebt oder eine starke Chemotherapie erhält."

Nach dem geplanten Projekt, das voraussichtlich verabschiedet wird und am Ende des Jahres starten soll, können sich Personen, die an Krebs, Aids, multipler Sklerose oder anderen schweren Erkrankungen leiden, registrieren lassen, um Cannabis zur Linderung ihrer Leiden verwenden zu dürfen. In welcher Form es verteilt wird, muss noch entschieden werden.

(Quelle: Reuters vom 21. Mai 2003)

Kurzmeldungen

USA: Maryland
Der republikanische Gouverneur Robert Ehrlich hat am 22. Mai ein Gesetz unterzeichnet, das die Strafen für Schwerkranke, die Cannabis verwenden, drastisch reduziert. Die Bush-Administration hatte Druck auf ihn ausgeübt, damit er ein Veto gegen den Gesetzentwurf einlegt. Patienten drohte bisher eine maximale Gefängnisstrafe von einem Jahr und eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Dollar. Nun werden Personen, die einen Richter überzeugen können, dass sie Marihuana zur Linderung von Symptomen einer chronischen oder lebensbedrohlichen Erkrankung nutzen, eine maximale Geldstrafe von 100 Dollar bezahlen müssen. (Quelle: Associated Press vom 22. Mai 2003)

Wissenschaft: Sodbrennen
Neue Tierforschung zeigt, dass THC eine Rolle bei einem Reflex spielt, der zu einem Rückfluss der Magensäure in die Speiseröhre führen kann. Dieser Reflex wurde durch THC signifikant vermindert. Daher könnte THC bei dem so genannten "gastro-oesophagealen Reflux" nützlich sein. Er ist charakterisiert durch Sodbrennen, Rückfluss von Magensäure und eine Entzündung der Speiseröhre. (Quelle: Partosoedarso ER, et al. J Physiol 2003 May 16; [elektronische Publikation vor dem Druck])

Wissenschaft: Neuropathische Schmerzen
Neuropathische Krebsschmerzen und entzündliche Schmerzen wurden bei Mäusen erzeugt. Ein synthetisches Cannabinoid (WIN55,212-2) verringerte den Tumor-verursachten Schmerz um etwa 50 % und war wirksamer bei der Schmerzreduzierung in dem Entzündungsmodell. In dem Krebsmodell wurde die Cannabinoidwirkung zum Teil durch einen CB1-Rezeptor-Antagonisten blockiert, in dem Entzündungsmodell durch einen CB1- und einen CB2-Antagonisten. (Quelle: Kehl LJ, et al. Pain 2003 May;103(1-2):175-86)

Wissenschaft: Neuropathische Schmerzen
Demyelinisierende Erkrankungen wie multiple Sklerose können mit schmerzhaften sensorischen Phänomenen verbunden sein. Demyelinisierung ist der Begriff für den Verlust von Myelin, eine Substanz, die Nerven isoliert. In einem Modell für Demyelinisierung verminderte ein Cannabinoid, das an den Cannabinoidrezeptor bindet, diese neuropathischen Schmerzen. (Quelle: Wallace VC, et al. J Neurosci 2003 Apr 15;23(8):3221-33)

Wissenschaft: Früher Cannabiskonsum
Eine australische Studie zeigt, dass wöchentlicher Cannabiskonsum durch Schüler signifikant mit einem erhöhten Risiko verbunden war, früh die Schule zu verlassen. Diese Assoziation war am stärksten bei den Jüngeren von unter 15 Jahren und nahm mit dem Alter ab. (Quelle: Lynskey MT, et al. Addiction 2003 May;98(5):685-692)

USA: Connecticut
Ein Gesetzentwurf, der Cannabis für medizinische Zwecke legalisiert hätte, wurde am 21. Mai im Repräsentantenhaus mit 79 zu 94 Stimmen abgelehnt. (Quelle: Associated Press vom 21. Mai 2003)

Blick in die Vergangenheit

Vor einem Jahr

Vor zwei Jahren

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Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.

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