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IACM-Informationen vom 25. Juli 1998

Wissenschaft: Cannabinoid-Anandamid-Rezeptorsysteme beteiligt an der peripheren Schmerzkontrolle

Körpereigene Substanzen wie Anandamide und Palmithylethanolamid, die an Cannabinoid-Rezeptoren binden, sind nicht nur an der Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem beteiligt, sondern auch an der Kontrolle der Schmerzentstehung in peripheren Geweben, wie etwa der Haut.

Forscher der Universität von Neapel/Italien und San Diego/USA veröffentlichten ihre, auf tierexperimentellen Untersuchungen basierenden Ergebnisse in der Zeitschrift Nature vom 16. Juli. An der lokalen Schmerzlinderung seien CB1-ähnliche Rezeptoren, an die Anandamid bindet, und CB2-ähnliche Rezeptoren, an die Palmithylethanolamid (PEA) bindet, beteiligt.

Die Forscher untersuchten die Frage, ob ähnlich wie bei den Opioiden, bei denen zentrale und periphere Mechanismen der Schmerzbeeinflussung bekannt sind, dies auch für das Cannabinoid-Rezeptorsystem gelte.

Sie konnten zeigen, daß bei gleichzeitiger lokaler Injektion von Anandamid und einer schmerzauslösenden Substanz in die Pfote von Mäusen die erwartete Schmerzreaktion ausblieb, ohne daß eine zentralnervöse Beteiligung bestand. Dieser Effekt wurde auf eine Aktivierung CB1-ähnlicher Rezeptoren zurückgeführt, die sich auf den peripheren Enden sensorischer Nervenzellen befinden könnten.

Auch die Injektion von PEA führte zur lokalen Schmerzlinderung, die durch einen CB2-Antagonisten gehemmt wurde, während ein CB1-Antagonist ohne Einfluß auf die Schmerzhemmung blieb. Zudem war PEA bei lokaler Gabe wirksamer als bei systemischer Gabe. Die Lokalisierung dieser CB2-ähnlichen Rezeptoren und ihre mögliche strukturelle Ähnlichkeit mit den bekannten CB2-Rezeptoren auf immunkompetenten Zellen ist unbekannt.

Anandamid und Palmithylethanolamid wirkten sehr stark synergistisch und verminderten die Schmerzantwort bei simultaner Gabe um das 100fache gegenüber der Gabe nur einer der beiden Substanzen.

Diese Befunde weisen daraufhin, daß endogene Cannabinoidrezeptor-Liganden nicht nur im Gehirn und Rückenmark Schmerzprozesse beeinflussen, sondern bereits die Entstehung von Schmerzen in peripheren Geweben beeinflussen. Dies eröffnet die Möglichkeit zur Entwicklung neuer peripher wirkender Schmerzmittel und gibt eine weitere Erklärung für den schmerzlindernden Effekt von Cannabis und Cannabinoiden.

(Quelle: Calignano, A., La Rana, G., Giuftrida, A., Piomelli, D.: Control of pain initiation by endogenous cannabinoids. Nature (1998) 394:277-281).

Europa/USA: Drogenbeauftragter der USA schwächt Kritik an den Niederlanden ab

Nach einem Besuch des Drogenbeauftragten der US-amerikanischen Regierung, General Barry McCaffrey, in den Niederlanden am 16. Juli erklärten holländische Offizielle, daß es einen nützlichen Gedankenaustausch gegeben habe. Die Sichtweisen zur Drogenpolitik unterschieden sich jedoch deutlich.

McCaffrey hatte zuvor Schweden besucht. Dort hatte er auf einer Pressekonferenz am 13. Juli die repressive schwedische Drogenpolitik, die keinen Unterschied zwischen harten und weichen Drogen macht, gelobt, während er die niederländische Drogenpolitik scharf kritisiert und als "Desaster" bezeichnet hatte. Die Mordrate sei gemessen an der Bevölkerungszahl doppelt so hoch wie in den USA und die Gesamtzahl der Straftaten sei um 40% höher.

Schweden war die erste Etappe eines EURopabesuchs, welche auch Holland, Österreich und die Schweiz umfaßte. McCaffrey griff auch die Drogenpolitik der Schweiz an. Die Abhängigkeitsrate sei viel höher als in den USA oder sonstwo in EURopa.

Nachdem er sich einen persönlichen Eindruck von der holländischen Politik gemacht hatte, schwächte er seine Kritik ab und erklärte: "Ich gehe weg von diesem Besuch mit einigen Dingen, von denen ich denke, daß sie uns dabei helfen werden, eine sensiblere amerikanische Drogenpolitik zu entwickeln." Die Holländer wiesen McCaffrey daraufhin, daß seine in Schweden gemachten Behauptungen hinsichtlich der Kriminalitätsraten auf falschen Daten beruhten. Er entschuldigte sich jedoch nicht für seinen Irrtum und wies darauf hin, daß die Daten von Interpol stammten.

Die Gesundheitsministerin, die am 16. Juli mit McCaffrey zu Abend gegessen hatte, erklärte, daß er einer offenen Diskussion zugänglicher gewesen sei, als sie erwartet habe. McCaffrey habe sich jedoch geweigert, einige Fakten zu den Resultaten der holländischen Drogenpolitik zur Kenntnis zu nehmen.

Die Niederlande verfolgen eine Politik der strikten Trennung von harten und weichen Drogen mit einer liberalen Haltung gegenüber dem Konsum weicher Drogen wie Marihuana und Haschisch. Nach Ansicht der holländischen Regierung ist die Abhängigkeit von harten Drogen wie Heroin in den Niederlanden geringer als in anderen Ländern. McCaffrey, der den Besuch eines Coffee Shops ablehnte, erklärte, daß die Tolerierung weicher Drogen gefährlich sei.

(Quellen: Reuters vom 13. und 17. Juli 1998, AP vom 14. und 16. Juli 1998)

Kurzmeldungen

Wissenschaft:
Forscher an der Yale Universität (New Haven, USA) konnten in klinischen Studien zeigen, daß Cannabis in hohen Dosen Schizophrenie-ähnliche Symptome wie Angstzustände und Wahnvorstellungen verursachen kann. Dr. Cyril D'Souza und Kollegen suchten auch nach einer Erklärung, warum viele Schizophrene Cannabis konsumieren. "Auch wenn es tatsächlich die Symptome verschlechtert, so gibt es dennoch keine entsprechende Zunahme von Angst und Streß, und da THC das Gedächtnis unterbricht, können die betroffenen Personen die negativen Aspekte der Erfahrung vergessen," erklärte der Psychiatrie-Professor.
(Quelle: PA News vom 15. Juli 1998)

USA:
Führenden Aktivisten für die medizinische Verwendung von Marihuana wird in einer am 23. Juli veröffentlichten Anklageschrift die konspirative Vorbereitung des Anbaus großer Mengen Marihuana vorgeworfen. Zu den neun in der Schrift genannten Personen zählen Todd McCormick und Bestseller-Autor Peter McWilliams. McCormick, der Marihuana zur Bekämpfung chronischer Schmerzen in der Folge eines Krebsleidens verwendet, war bereits 1997 wegen Besitzes einer großen Menge Marihuana verhaftet worden.
(Quelle: UPI vom 24. Juli 1998)

Australien:
Im australischen Bundesland Viktoria können Personen, bei denen weniger als 50 Gramm Cannabis gefunden werden, ab dem 1. September zwischen einer Ordnungsstrafe und einem Strafverfahren wählen. Der Gesundheitsminister des australischen Hauptstadtgebietes Michael Moore erklärte, daß diese Veränderung sich in Einklang mit der Ansicht befinde, daß der Drogenkonsum als gesundheitliches Problem betrachtet werden sollte. Neben Viktoria wird auch im australischen Hauptstadtgebiet, in Südaustralien und im nördlichen Territorium ein erstmaliges Auffälligwerden bei Drogenvergehen mit Ordnungsstrafen ohne Strafverfahren geahndet. In Tasmanien wurde Mitte Juli ein 12monatiger Versuch gestartet, der dem Modell in Viktoria ähnelt.
(Quellen: Australian AP vom 7. und 8. Juli 1998)

Kanada:
In London/Ontario wurde ein Cannabis Buyers Club eröffnet. Die Klubs sind in Kanada verboten. Sie funktionieren nach einem anderen Prinzip als die in Kalifornien/USA, indem wenig oder kein Marihuana an einem bestimmten Ort vorrätig ist. Polizeichef Julian Fantino erklärte, man wisse von dem Klub und werde bei passender Gelegenheit eingreifen. Mike Harichy, der den Klub leitet, sagte, daß die etwa 40 Klubmitglieder sich ihr Marihuana nicht abholten, sondern daß er sie wegen ihres meistens schlechten Gesundheitszustandes beliefere. Die Mitglieder müßten nach einem ärztlichen Attest an bestimmten Krankheiten leiden, bei denen Marihuana hilfreich sein kann. Ähnliche Klubs waren in den vergangenen Monaten auch in anderen Städten Ontarios gegründet worden.
(Quelle: London Free Press vom 19. Juli 1998)

Deutschland:
Es wird einsam um die lernunfähigen Hardliner in der Drogenpolitik. In der Berliner Morgenpost vom 13. Juli 1998 wurde die Berliner Drogenbeauftragte vorgestellt: "Sie sei 'eine der letzten Aufrechten' unter den deutschen Drogenbeauftragten, sagt Elfriede Koller über sich selbst. Die Legalisierung von Drogen lehnt sie rundweg ab. (...) Von ihren Kollegen in westdeutschen Großstädten hätten wohl einige früher selbst einmal gekifft, erklärt sie sich deren selbsternannte 'liberale' Drogenpolitik."
(Quelle: Berliner Morgenpost vom 13. Juli 1998)

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