ACM-Mitteilungen vom 12. Februar 2011
Die Verwendung von Cannabis aus der Apotheke ist hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr so zu bewerten wie ein verschriebenes Arzneimittel
Am 25. Januar wandte sich der Vorsitzende der ACM, Dr. Franjo Grotenhermen, an den Leiter der Bundesopiumstelle, Dr. Cremer-Schaeffer, mit der Bitte um eine rechtliche Klarstellung zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabisprodukten und der Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr (Fahrtüchtigkeit und Fahreignung). Diesem Wunsch kam Herr Dr. Cremer-Schaeffer gern und zügig nach. Hintergrund war der drohende Führerscheinverlust von zwei Patienten, die Cannabis mit einer Ausnahmegenehmigung durch die Bundesopiumstelle aus einer Apotheke erhalten. In dem Schreiben der Bundesopiumstelle heißt es:
"Patienten, die von der Bundesopiumstelle eine Ausnahmegenehmigung zur therapeutischen Anwendung von Cannabis (als Extrakt oder Blüten) erhalten haben, sind von einem Fahrverbot und u.U. von der Entziehung der Fahrerlaubnis bedroht, da die Führerin/der Führer eines Kraftfahrzeugs nach § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) ordnungswidrig handelt, wenn Cannabis (bzw. THC) in ihrem/seinem Blut nachgewiesen wird.
§ 24a StVG wird nicht nur auf Cannabis, sondern auch auf andere Stoffe, die ggf. Bestandteile von Arzneimitteln sind, angewendet. Die betroffenen Stoffe sind in einer Anlage zu § 24a StVG aufgeführt. Ausnahmen gelten nur, wenn die verwendete Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
Bei der ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabis auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG handelt es sich unzweifelhaft um eine arzneiliche Anwendung. Cannabis kann aber aufgrund betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften u.U. nicht im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG 'verschrieben' werden. Insofern ist bei der Anwendung des § 24a StVG keine Ausnahme für Cannabis in der ärztlich begleiteten Selbsttherapie möglich.
Aus klinischer Sicht ist die ärztlich begleitete Selbsttherapie mit Cannabis, zumindest sobald eine gleich bleibende Dosierung erreicht ist, bezüglich der möglichen Auswirkungen auf die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs der Therapie mit einem verschriebenen Arzneimittel vergleichbar. Cannabis wird in diesen Fällen als Arzneimittel angewendet, der Arzt hat eine Dosierungsempfehlung abgegeben und der Patient wendet Cannabis bestimmungsgemäß an. Lediglich eine Verschreibung liegt nicht vor.
Aus Sicht der Bundesopiumstelle sollten diese Aspekte bei der Beurteilung von Einzelfällen berücksichtigt werden. Ob die Einnahme von Cannabis zu therapeutischen Zwecken Einfluss auf die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr hat, kann nicht generell beantwortet werden, sondern muss in jedem Einzelfall, wie bei der Anwendung anderer Arzneimittel auch, von Patient und behandelndem oder begleitendem Arzt beurteilt werden."
(Quelle: Schreiben von Dr. Cremer-Schaeffer an Dr. Grotenhermen vom 7. Februar 2011)
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