ACM-Mitteilungen vom 29. September 2007
- Freispruch für Aids-Patienten vor dem Berliner Landgericht trotz Besitz von Cannabis in nicht geringer Menge
- Weitere Patienten haben Genehmigungen zur Verwendung eines Cannabisextraktes vom BfArM erhalten
Freispruch für Aids-Patienten vor dem Berliner Landgericht trotz Besitz von Cannabis in nicht geringer Menge
Am 20. September endete vor dem Berliner Landgericht ein Prozessmarathon, der bereits vor 5 Jahren begann. Damals hatte die Polizei bei der Durchsuchung der Wohnung von Peter Stieg mehr als 900 Gramm Cannabis beschlagnahmt. Herr Stieg gab an, Cannabis gegen Symptome seiner HIV-Infektion, einer Hepatitis C und einer chronischen Entzündung der Bauchspeicheldrüse, darunter eine Polyneuropathie mit starken Nervenschmerzen und Gewichtsverlust, zu verwenden. Er raucht Cannabis, bereitet daraus Tee zu und stellt aus Melkfett eine Salbe her, mit der er Wickel gegen Schmerzen in den Beinen anfertigt. Zudem macht er Sitzbäder mit Cannabisblättern. Das Berliner Landgericht stellte fest, dass das Verhalten von Herrn Stieg nicht rechtswidrig sei, weil er sich in einer Situation "rechtfertigenden Notstands" nach § 34 Strafgesetzbuch (StGB) befinde. Zur Behandlung der aus seinem Krankheitsbild resultierenden Schmerzen stehe ihm kein anderes geeignetes Mittel zur Verfügung. Weil sein Leben ohne die illegale Cannabistherapie massiv gefährdet sei, müsse das Gericht Herrn Stieg freisprechen.
Das Amtsgericht Tiergarten sprach den Angeklagten bereits im Jahre 2004 frei. Das Landgericht Berlin verurteilte ihn im Jahre 2005 zu einer Haftstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung. Nach der Revision durch den Angeklagten gegen diese Verurteilung mit der Begründung, die verhängte Haftstrafe würde wahrscheinlich mit einer massiven Verschlechterung seines Gesundheitszustandes einhergehen, beschäftigte sich im Jahre 2006 das Kammergericht mit dem Fall und hob das Urteil des Landgerichts auf. Es folgten weitere Verfahren vor Landgericht und Kammergericht bis zum endgültigen Freispruch am 20. September.
Deutscher Hanf Verband
Weitere Patienten haben Genehmigungen zur Verwendung eines Cannabisextraktes vom BfArM erhalten
In den vergangenen zwei Wochen haben weitere Patienten aus Berlin, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz eine Genehmigung zur Verwendung eines Cannabisextraktes vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten. Weitere Anträge und Genehmigungen werden erwartet. Bisher hat erst eine Patientin den Extrakt auch erhalten.
Bei einem Schmerzpatienten aus Bayern wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt und Cannabis beschlagnahmt. Die Polizeibeamten begründeten ihre Hausdurchsuchung mit einem Brief des Betroffenen an die Staatsanwaltschaft Würzburg, in dem dieser sich für Haftentlassung von Volker Krug ausgesprochen und dabei erwähnt hatte, dass er selbst Cannabis zu medizinischen Zwecken verwende. Die Beamten seien nach Angaben des Patienten jedoch sehr verständnisvoll gewesen, nachdem er von seiner Genehmigung durch das BfArM berichtet hatte, und er erwarte keine gravierenden Konsequenzen.
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