ACM-Mitteilungen vom 21. März 2020
- Liebe Leserin, lieber Leser,
- Presseschau: Drei Jahre Cannabis als Medizin – noch viel zu tun (Kobinet Nachrichten)
- Presseschau: Reklassifizierung von Cannabis erneut verschoben (TAZ Blogs)
- Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich würde mich freuen, wenn angesichts der Covid-19-Pandemie auch mit anderen Dingen, die unsere Gesundheit erheblich beeinträchtigen können, zumindest mit einer annähernd vergleichbaren Sensibilität umgegangen würde.
Es gab noch nie einen vergleichbar großen Aufschrei gegen 15.000 Tote durch ärztliche Kunstfehler. Es wird auch weiter Auto gefahren mit mehr als 130 km/h und es gibt auch keine tägliche Statistik, wie viele Personen in diesem Jahr schon durch Alkohol am Steuer im Straßenverkehr gestorben sind. Die Klimaveränderung ist für die globale Gesundheit der Menschen sicherlich wesentlich gravierender als die gegenwärtige Virus-Pandemie.
Gleichzeitig müssen wir die aktuelle Situation ernst nehmen. Und ich bitte Sie, sich an die Vorgaben der Regierung und der Gesundheitsbehörden zu halten. Hier ein kurzer Hinweis zu einem viel in die sozialen Medien diskutierten Thema: Cannabis und CBD beugen nicht der Corona-Infektion vor, auch wenn ich bereits vieles über die antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften einiger Cannabinoide in den IACM-Informationen berichtet habe. Fallen Sie auf solche und andere Fehlinformationen nicht herein. Seien wir solidarisch und schützen wir vor allem die Menschen, die besonders gefährdet sind, Menschen mit Vorerkrankungen und ältere Menschen.
Natürlich werden wir irgendwann wieder zu einer gewissen Normalität zurückfinden müssen und werden, obwohl die Pandemie noch nicht vorbei ist. Das wird möglicherweise genauso schwierig umzusetzen sein wie die aktuellen Vorgaben zur Reduzierung der Ausbreitung des Virus.
Es werden später auch wieder andere Themen in den Vordergrund rücken. Das gilt auch für das Thema Cannabis als Medizin, das weiterhin viele Patienten, deren Angehörige und Ärzte belastet. Wir benötigen dringend eine bessere Regelung, damit dieses überflüssige Leid beendet wird. Das kann nur der Gesetzgeber ändern.
Lasst uns daher die Zeit im April für unsere Petition nutzen. Sie wurde 2018 von uns gestartet und ist ein wenig eingeschlafen. Wir können nun das allgemeine Home-Office dazu nutzen, diese offline gestartete Petition mit mittlerweile 25.000 Unterschriften, die wir im ACM-Büro in mehreren Ordnern lagern, durch zusätzliche weitere 25.000 Online-Unterschriften zum Erfolg zu führen. An dieser Stelle ein herzlicher Dank an alle, die bisher fleißig offline und oft ohne viel Aufsehen gesammelt haben. Im April wollen wir gemeinsam nachlegen. Wir brauchen insgesamt 50.000 Unterstützer.
Wir haben für diese Petition bei vielen Vertretern des Deutschen Bundestags viele Sympathien, aber diese Abgeordneten brauchen den Druck und die Forderung von uns, damit das im Parlament ankommt.
So schrieb Dr. Kirsten Kappert-Gonther, drogenpolitische Sprecherin der Grünen im Deutschen Bundestag, an die ACM: „Lieber Franjo, EURe Petition ist ein guter Weg um weiterhin Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Genau wie ich unterschreiben Bundestagsabgeordnete in der Regel keine Petitionen, die sich an sie selbst, also den Bundestag richten. Wie du weißt unterstütze ich diese Petition inhaltlich total. (...)“ Und sie hat dazu geschrieben, dass wir das gern so kommunizieren können. Wir bitten auch andere Mitglieder des Deutschen Bundestags um eine solidarische Unterstützung.
Viele Mitglieder des Deutschen Bundestags gehen dagegen immer noch davon aus, dass das Thema mit dem Gesetz aus 2017, für das wir lange gekämpft haben, erfolgreich gelöst wurde und damit abgeschlossen ist. Also lasst uns die Petition im April 2020 zum Erfolg führen, damit wir das Thema wieder auf die Tagesordnung setzen und deutlich machen können, dass noch viel zu tun ist!
Webseite der Petition. Wir machen in den nächsten Tagen ein Update und gestalten sie schöner.
Unterschriftenliste. Diese ist auf dem neusten Stand.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass es wieder neue Importeure und in wenigen Wochen neue Sorten von Cannabisblüten geben wird, die hoffentlich weiter die Versorgungssicherheit erhöhen werden. Die Nachfrage steigt ja weiterhin an.
Einer der neuen Importeure, Four 20 Pharma, unterstützt die ACM zukünftig als Goldsponsor. Die 3 weiteren Goldsponsoren sind Sanity Group, MYCB1 und Vertanical. Sie werden in Kürze auf der ACM-Webseite mit großem Logo erscheinen. Die Plätze für die Gold-Sponsoren sind damit vergeben. Zudem gibt es noch weitere Silber-Sponsoren, nämlich Aurora und Iqanna. Weitere Interessierte können sich gern bei uns melden (info@cannabis-med.org), um die Konditionen und unsere Angebote für Sponsoren auf unserer Webseite, die gerade umgestaltet wird, zu erfragen. Wir brauchen Sponsoren, damit wir unser vielfältiges Angebot (Patiententelefon, Cannabisausweise, Information, Arbeit der Selbsthilfegruppen, Mailinglisten, Webseite, etc.) weiter ausbauen und verbessern und auch unsere politische Schlagkraft vergrößern können.
Gehen Sie in diesen Zeiten freundlich miteinander um und kümmern Sie sich um sich und andere!
Franjo Grotenhermen
Presseschau: Drei Jahre Cannabis als Medizin – noch viel zu tun (Kobinet Nachrichten)
Vor 3 Jahren trat das Cannabis als Medizin-Gesetz in Kraft. Es wird Zeit nachzubessern. Daher intensivieren wir jetzt die Petition, und wir können auch feststellen, dass es im Bundestag Unterstützer gibt.
Drei Jahre Cannabis als Medizin – noch viel zu tun
Zum dritten Jahrestag des Inkrafttretens des Cannabis-als-Medizin-Gesetzes macht Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Drogenpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen deutlich, dass es hier noch einiges zu tun gibt und für die Betroffenen noch viele Probleme bestehen. Für die Inklusionsbotschafterin Jennifer Sonntag hat sich damit auf jeden Fall einiges zum Besseren verändert.
"Der Beschluss des Bundestags zur Verordnung von Cannabis als Medizin war ein Meilenstein mit Vorbildfunktion in der EURopäischen Union. Leider hat die Bundesregierung aber offensichtlich Angst vor der eigenen Courage. Bei der Umsetzung hapert es auch drei Jahre nach dem Inkrafttreten gewaltig. Patientinnen und Patienten stehen vor großen Hürden bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen und bei der Versorgung mit Medizinalcannabis. Die ausgeschriebene Menge für den Anbau ist zu gering. Die harte Deckelung des Anbaus von Cannabis in Deutschland war ein Fehler, den die Bundesregierung korrigieren sollte. Mindestens eine Verdoppelung des Anbaus ist notwendig, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Zudem muss es mehr Freiheiten bei der Sortenvielfalt geben, denn je nach THC- und CBD-Gehalt kann Cannabis für unterschiedliche Beschwerden eingesetzt werden. Kleine und regionale Unternehmen sollten gerechte Chancen bekommen, an dem Anbau partizipieren zu können", erklärte Kirsten Kappert-Gonther .
Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen hat sich nach ihrer Ansicht nicht bewährt und sollte abgeschafft werden. Sogar Patientinnen und Patienten, die vorher über eine Ausnahmeerlaubnis verfügten, bekämen jetzt zum Teil keine Kostenerstattung. Der bürokratische Aufwand für die Ärztinnen und Ärzte sei immens. Viel zu oft werde bei bestimmten Indikationen eine Kostenübernahme verwehrt, obwohl das nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Zudem mache die im Gesetz verankerte Begleitstudie nach Ansicht der Grünen-Politikerein keinen Sinn, wenn die Kassen über die Köpfe von Ärztin und Patient hinweg eine Auswahl treffen. "Die Patientinnen und Patienten, die auf Cannabis als Medizin angewiesen sind, haben die gleiche Aufmerksamkeit und Versorgungsqualität verdient wie alle anderen", betont Kirsten Kappert-Gonther.
Die Inklusionsbotschafterin Jennifer Sonntag nutzt aufgrund einer schweren Schmerzerkrankung Medizinalcannabis in Sprayform. "Stärkere Medikamente schränkten meinen Tastsinn stark ein und meine Sinnestätigkeit, was für mich als blinde Patientin sehr problematisch war. Auch halfen sie bei meiner Form der Schmerzerkrankung nicht. Unter ärztlicher Begleitung kann medizinisches Cannabis eine echte Chance und Verbesserung der Lebensqualität sein. Als Patientin möchte ich nicht stigmatisiert werden und hoffe durch mehr Offenheit zum Thema auch auf zukünftig aussagekräftigere Forschungsergebnisse. Entgegen der Medienberichte war der Beantragungsprozess für mich und meinen Neurologen vor der Krankenkasse noch steinig und es war frustrierend als mehrfach beeinträchtigte Frau anfangs einen so erschwerten Zugang zu bekommen", berichtet Jennifer Sonntag.
Presseschau: Reklassifizierung von Cannabis erneut verschoben (TAZ Blogs)
Die UNO hat die Entscheidung über Empfehlungen der WHO zur Umstufung von Cannabis und Cannabinoiden in den seit Jahrzehnten geltenden, bisher unveränderten Drogenkonventionen zu verschieben.
Reklassifizierung von Cannabis erneut verschoben (TAZ Blogs)
Die Suchtstoffkommission der UNO hat die Empfehlungen der WHO zur Reklassifizierung von Cannabis erneut verschoben
Das Hanf Journal berichtete am 5. Februar 2020 unter dem Titel „UN verschiebt die Neubewertung von Cannabis auf Dezember“ ausführlich über die Tatsache, dass im Februar 2019 die Weltgesundheitsorganisation den Vereinten Nationen empfahl, Cannabis einmal unter modernen Aspekten neu zu betrachten. Eine veränderte Klassifizierung werde angestrebt, die das bislang ohne medizinischen Nutzen eingestufte Naturprodukt von Kategorie IV auf Stufe I bringen sollte, damit gerade der Einsatz als Arzneimittel oder Forschungsobjekt zukünftig weitaus unproblematischer vonstatten gehen könne und man die Wirkung von Cannabis an sich als weniger gefährlich anerkennt.
Da der UN-Suchtstoffkontrollrat (INCB), die UN-Suchtstoffkommission (CND) und das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) jedoch schon im März 2019 tagten, kam die Forderung ein wenig zu spät, sodass jetzt erst im März 2020 darüber entschieden werden sollte. Doch die UN verschob erneut die Neubewertung von Cannabis auf Dezember, damit alle Mitgliedsstaaten noch mehr Zeit für eine Vorbereitung hätten und man sich über die möglichen Auswirkungen etwas mehr Gedanken machen könne.
In den Protokollen zur Tagung der Suchtstoffkommission heißt unter Punkt 5 (a): Änderungen im Umfang der Kontrolle von Substanzen: Vorgeschlagene Planungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation für Cannabis und Cannabis-bezogene Substanzen:
„Die Kommission für Suchtstoffe erinnert an ihr Mandat, über Planungsempfehlungen gemäß den internationalen Übereinkommen zur Drogenkontrolle abzustimmen, und beschließt, während ihrer derzeitigen dreiundsechzigsten Tagung die Prüfung der Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zu Cannabis und Cannabis-bezogenen Substanzen fortzusetzen unter Berücksichtigung ihrer Komplexität, um die Auswirkungen und Konsequenzen dieser Empfehlungen sowie die Gründe dafür zu klären, und beschließt, auf seiner einberufenen dreiundsechzigsten Tagung im Dezember 2020 abzustimmen, um die Integrität des internationalen Planungssystems zu wahren.“
(….)
Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Cannabis hilft 90 Jahre alter Schmerzpatientin (MDR Sachsen)
Cannabis als Medikament: Fränkischer Patient (55) hat "noch nie ein Antibiotikum gebraucht" (Infranken)
Medizinisches Cannabis: Eine Alternative bei chronischen Schmerzen und Depressionen? (Mitteldeutsche Zeitung)
Cannabis für den deutschen Staat anzubauen (Zeit online)
Marihuana-Informationsfirma Leafly schließt Deutschland-Einsatz (Marijuana Business Daily)
Veranstaltungen 2020
Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.
IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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