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ACM-Mitteilungen vom 29. Dezember 2018

Liebe Leserin, lieber Leser,

am 17. Dezember 2018 führte das Bundesgesundheitsministerium in Berlin eine Anhörung zu einem umfassenden Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums durch, an dem neben einem Vertreter der ACM Vertreter von etwa 40 weiteren Verbänden aus dem Gesundheitswesen teilnahmen.

Die Zahl der eingeladenen Verbände war so groß, weil das Thema medizinische Versorgung mit Cannabis-Medikamenten nur einen kleinen Teil der geplanten Gesetzesnovelle ausmacht. Um das große Pensum zu schaffen, gab es zu jedem Thema nur eine vergleichsweise kurze Aussprache. Im Wesentlichen ging es den Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums um die Frage, ob die Vorschläge im Referentenentwurf von den betroffenen Verbänden unterstützt werden oder nicht. Der Vorstand der ACM hält die vorgeschlagenen Veränderungen zum Thema Cannabis für sinnvoll. Ich hatte die Möglichkeit, einige weitere Änderungsvorschläge aus unserer schriftlichen Stellungnahme kurz zu erläutern.

Nachdem der größte Teil des ablaufenden Jahres eher enttäuschend verlief, mit einer zunehmenden Verschärfung der Kriterien bei der Übernahme der Kosten für eine Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten durch die Krankenkassen, darunter auch eine enttäuschende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, deuten sich am Ende des Jahres Verbesserungen an.

Wir dürfen hoffen, dass einige Vorschläge aus unserer Stellungnahme im Gesetzentwurf der Bundesregierung, den wir für Anfang 2019 erwarten, berücksichtigt werden. Zumindest dürfen wir eine Reduzierung der Preise für Cannabisblüten erwarten, eine gute Botschaft für den Geldbeutel vieler Patienten, das Budget der verordnenden Ärzte und die Belastung der Krankenkassen.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Presseschau: Anbau von Medizin-Cannabis verzögert sich weiter (Bayerischer Rundfunk)

Die Vergabe der Lizenzen für den Cannabisanbau in Deutschland verzögert sich um ein weiteres Quartal. Sie soll nun im 2. Quartal 2019 statt, wie bisher geplant, im 1. Quartal erfolgen.

Anbau von Medizin-Cannabis verzögert sich weiter

Der Anbau von Cannabis für therapeutische Zwecke in Deutschland verzögert weiter. Laut einem Medien-Bericht will das für die Regulierung verantwortliche Institut erst im zweiten Quartal 2019 bestimmen, wer Medizin-Cannabis herstellen darf.

Der geplante Anbau von Cannabis für therapeutische Zwecke in Deutschland verzögert sich möglicherweise weiter. Das für die Regulierung verantwortliche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wolle die Zuschläge bei der Ausschreibung für mögliche Produzenten von Medizin-Cannabis erst im zweiten Quartal 2019 bestimmen. Die Funke Mediengruppe beruft sich auf eine Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion.

Zahlreiche Bewerbungen für Lizenz

Im Sommer habe es vonseiten der Bundesregierung noch geheißen, dass die "Aufträge im ersten Quartal des Jahres 2019" vergeben werden würden. Etliche Unternehmen hätten sich auf eine Produktionslizenz beworben. Trotz der Verzögerung beim Verfahren für die Auswahl der Hersteller von Cannabis als Arznei halte die Bundesregierung daran fest, dass "eine erste Ernte von Medizinalcannabis aus dem Anbau in Deutschland noch im Jahr 2020 erfolgen" könnte, heißt es in der Antwort aus dem Ministerium.

FDP spricht von "absichtlicher Behinderung"

Der FDP-Politiker Wieland Schinnenburg äußerte Kritik. Er sprach von einer "absichtlichen Behinderung von Medizinalcannabis in Deutschland". In jedem Falle sei es für die Betroffenen "eine Katastrophe, da wir nicht sicher sein können, dass die bisherigen Exportländer den steigenden Weltmarktbedarf decken können".

Seit März 2017 ist in Deutschland ein Gesetz in Kraft, das den Einsatz von Cannabis-Arzneien bei einer ärztlichen Therapie und bei Patienten mit schweren Krankheiten erlaubt. Ursprünglich sollte schon im Jahr 2019 das erste Mal im Auftrag des deutschen Staates Medizinalhanf geerntet werden, doch im Sommer war dieses Ziel auf das Jahr 2020 korrigiert worden.

Presseschau: Cannabis ist kein Schmerzmittel (Westfalenpost)

Einige Interviews mit Dr. Grotenhermen in Zeitungen und Zeitschriften sind nicht frei über das Internet zugänglich. Unten der Text eines Einladungskommentars unter der Rubrik „Außenansicht“ in der Westfalenpost vom 27. Dezember 2018. Für solche Außenansichten lädt die Redaktion Persönlichkeiten zu diversen Themen ein. Hier zudem ein ausführliches Interview im Magazin des Kölner Stadtanzeigers vom 14. Dezember 2018.

„Cannabis und die wichtigsten Cannabinoide THC und CBD sind mehr als Schmerzmittel und zugleich weniger als das, denn sie sind häufig unwirksam.

Wenn Cannabis-Medikamente aber wirksam sind, können sie das Leben der Betroffenen erheblich verbessern. Und Cannabinoide schädigen auch auf lange Sicht nicht die inneren Organe. Es gibt keine weiteren bekannten natürlichen oder synthetischen Moleküle auf der Erde, die ein auch nur annähernd vergleichbar breites therapeutisches Wirkspektrum wie THC und CBD besitzen. THC kann Schmerzen lindern, den Appetit steigern, Übelkeit bekämpfen, Entzündungen reduzieren, bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen helfen und vieles andere mehr.

Und wir lernen ständig dazu. Nach einem Vortrag kam kürzlich ein Zuhörer auf mich zu und erklärte: „Sie haben mein Leben gerettet. Ich habe vor 4 Jahren in einem Ihrer Bücher gelesen, dass THC Ohrgeräusche abschwächen kann. Ich habe verschiedene Cannabissorten ausprobiert. Die THC-reichen Sorten waren unwirksam. Schließlich habe ich herausgefunden, dass die Inhalation von CBD den Tinnitus erheblich lindert.“ „Dann haben Sie sich selbst gerettet, und ich kann in meinen Publikationen darauf hinweisen, dass bei einigen Personen nicht THC, sondern CBD einen Tinnitus lindern kann.“

Es gibt bisher nur Erfahrungsberichte und keine Studien zu THC oder CBD bei Tinnitus. Das könnte noch 20 oder 30 Jahre dauern, vermutlich aber länger. Daher ist unbekannt, wie groß die Zahl der Tinnitus-Patienten ist, die von einer solchen Therapie profitieren könnten. Cannabis hilft bei mehr als 50 verschiedenen Erkrankungen meiner Patienten, und für die meisten Beschwerden gibt es keine Studien. Das Fehlen solcher Studien bedeutet aber nicht, dass Cannabis bei diesen Symptomen nicht wirksam ist.

Die Krankenkassen müssen die Kosten einer Behandlung mit Cannabis in Deutschland übernehmen, wenn eine „nicht ganz entfernt liegende Aussicht“ auf eine positive Einwirkung auf die Erkrankung besteht. Nach der aktuellen Rechtsprechung besteht eine solche Aussicht nur, wenn es klinische Studien gibt, die eine mögliche Wirkung belegen. Das führt zu absurden Situationen in Arztpraxen. Ein Patient kann zwar real erheblich von einer Therapie mit Cannabis bei Tinnitus oder einer anderen wenig beforschten Erkrankung profitieren, offiziell gibt es nach deutschem Recht jedoch gegenwärtig keine Aussicht auf Linderung. Vielleicht in 20 oder 30 Jahren.“

Presseschau: Cannabis als Medizin: Alles bleibt beim Alten (Kleine Zeitung, Österreich)


In den vergangenen zwei Jahren gab es in Österreich Initiativen, die Versorgung der Bevölkerung mit cannabisbasierten Medikamenten zu verbessern. Jetzt soll offenbar alles beim Alten bleiben.

Alles bleibt beim Alten

Es gebe keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass der Konsum von Cannabis gegenüber den derzeitigen Präparaten Vorteile habe.

Geht es nach dem am Freitag veröffentlichten Bericht des Gesundheitsministeriums, bleibt in Österreich bei Cannabis als Arznei alles beim Alten. Schlussfolgerung des Reports: Es gebe keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass der Konsum von Cannabis gegenüber den derzeitigen Präparaten Vorteile habe.

Hintergrund

Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats hatte im Juni gemeinsam ersucht, bis Ende 2018 einen Bericht in Hinblick zum therapeutischen Einsatz von Cannabis zu erstellen. Der Antrag Peter Kolbas, Abgeordneter der Liste Jetzt (früher Liste Pilz), wurde einstimmig verabschiedet. Dieser leidet selbst an einer chronischen Schmerzerkrankung.

Der nun veröffentlichte Bericht fußt auf Stellungnahmen u.a. des Obersten Sanitätsrats, der Apothekerkammer, Ärztekammer sowie Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und sollte vom Ressort von Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) vorgelegt werden.

Laut der Zusammenfassung hätten Patienten in Österreich bereits jetzt nach geltender Rechtslage Zugang zu cannabisbasierten Arzneimitteln. Die Frage des medizinischen Einsatzes sei primär anhand der wissenschaftlichen Beweislage zu beurteilen.

Keine Notwendigkeit für Blüten

"Für den Einsatz von Cannabis, im Sinne von getrockneten Blüten - oder Fruchtständen der Cannabispflanze, als Arzneimittel in Österreich fehlt der wissenschaftliche Nachweis der Vorteile der getrockneten Blüten oder Fruchtstände im Vergleich zu jenen cannabisbasierten Präparaten, die bereits der ärztlichen Verschreibung zur Verfügung stehen", so der Bericht. Das bedeutet: Es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass getrocknete Blüten besser wirken als Medikamente, die daraus hergestellt werden.

Zudem sei Reinsubstanzen im Vergleich zu den getrockneten Blüten und Fruchtständen der Vorzug zu geben, da diese in exakter Dosierung zum Einsatz gelangen könnten.

"Schwere Enttäuschung"

"Dieser Bericht ist eine schwere Enttäuschung für die 1,5 Millionen Schmerzpatienten in Österreich", kritisierte Kolba. Auf Basis der "Pharmaindustrie-Hardliner unter den Ärzten" würde, ohne auf die in der Ausschussbegutachtung eingeholten Stellungnahmen einzugehen, und ohne die wissenschaftlichen Grundlagen der Stellungnahme nachprüfbar anzugeben, einfach festgestellt, dass in Österreich sowieso alles in bester Ordnung wäre, so der Abgeordnete.

Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage

Pharma-Start-up für medizinisches Cannabis erhält siebenstelligen Betrag (VC-Magazin.de)

Asien drängt in das Milliarden-Geschäft mit Cannabis (Handelsblatt)

Trotz Arzneimittel-Zulassung ranken sich viele Vorurteile um Hanf (LZ.de)

Thailand erlaubt medizinisches Marihuana (Ärzte Zeitung)

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