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ACM-Mitteilungen vom 01. Dezember 2018

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich habe im vergangenen Rundbrief über die positive Nachricht berichtet, nach der Cannabisblüten wieder günstiger werden sollen (Referntenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums).

Allerdings ist bisher geplant, dass der Apothekenzuschlag gestrichen werden soll, die Apotheken jedoch gleichzeitig die Überprüfungen auf Identität weiterhin selbst durchführen sollen. Da werden offensichtlich die berechtigten Interessen von Patienten nach bezahlbaren Medikamenten gegen die Interessen von Apothekern, die einen gerechten Lohn für ihre Arbeit erhalten sollten, ausgespielt. In den Niederlanden prüft die Cannabisagentur zentral die einzelnen Chargen der Cannabisblüten. Die Apotheker geben nur noch die geschlossenen Dosen ab. Das sollte auch in Deutschland möglich sein. Sonst könnte es in der Zukunft schwierig werden, Apotheker dafür zu gewinnen, Cannabisblüten in ihrer Apotheke abzugeben. Damit wäre den Patienten nicht gedient.

Ein Unbekannter hat sich kürzlich an eine Apothekerkammer gewandt und mit dem Absender der ACM zwei Apotheken denunziert, die auf ihren Webseiten Informationen zu verfügbaren Cannabissorten anbieten. Der ACM-Vorstand, dem das Schreiben vorliegt, wird Anzeige gegen unbekannt erstatten. Kürzlich hatte ein anderer Unbekannter mit meinem Absender Gesundheitspolitiker, darunter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, kontaktiert.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Montgomery, sieht den Vorstoß von Bündnis 90/Die GRÜNEN zur Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts durch die Krankenkassen skeptisch. Er traut offenbar seinen Kollegen nicht. Diese könnten Cannabis wie Zuckerpillen verschreiben (siehe unten der Artikel aus dem Tagesspiegel). Dabei wird vergessen, dass die Verschreibung von Betäubungsmitteln bereits durch die Vorgaben des § 13 Betäubungmittelgesetz stark eingeschränkt ist, sodass eine nicht indikationsgerechte Verschreibung einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz darstellen würde.

Eine Polizeidirektion hat für Schulungen ihrer Polizeibeamten Muster von Cannabisausweisen der ACM bestellt. Das ist ein gutes Beispiel auch für andere Polizeibehörden. Es könnte dazu beitragen, wiederholt auftretende Konflikte beim Kontakt zwischen Patienten und der Polizei zu reduzieren. Das verlangt allerdings ein angemessenes Verhalten auf beiden Seiten. Patienten sollten ihr Medikament nicht in einer provozierenden Art und Weise einnehmen.

Im Gegensatz zu Firmen, die ein Interesse daran haben, ihre Ausweise abzugeben, um Ihre Daten zu erfassen, speichert die ACM nicht die Daten der Besteller. Sie können jederzeit zum Ausweis der ACM wechseln und bei den Firmen die vollständige Löschung Ihrer Daten verlangen.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Presseschau: Neue Ausschreibungsrunde für Medizin-Cannabis in Deutschland (Handelsblatt)

Nach Angaben der Cannabisagentur beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) soll der Zuschlag für die Erlaubnis zum Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke in Deutschland an Firmen im 1. Halbjahr 2019 erfolgen. Erstes Cannabis aus Deutschland soll voraussichtlich ab 2020 zur Verfügung stehen. Der voraussichtliche Bedarf wurde nach oben korrigiert.

Neue Ausschreibungsrunde für Medizin-Cannabis in Deutschland

Am Dienstag endet die neue Ausschreibungsrunde für Unternehmen, die medizinisches Cannabis anbauen wollen. Drei Firmen soll der Medizinal-Hanf-Anbau gestattet werden.

Die Bemühungen für den Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland kommen einen Schritt voran. An diesem Dienstag endet die Frist des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Aufträge zur Produktion an Unternehmen ausgeschrieben hat.

Die Behörde will mindestens drei Firmen Medizinal-Hanf unter Staatsaufsicht und hohen Qualitätsstandards anbauen lassen. Zudem wird weiter zusätzlich Cannabis importiert.

Der Zuschlag soll laut früheren Angaben im ersten Halbjahr 2019 folgen, das Cannabis „voraussichtlich ab 2020“ zur Verfügung stehen. Ausgeschrieben werden 10,4 Tonnen Cannabis, verteilt auf vier Jahre.

Bisher war der Prozess nur schleppend in Fahrt gekommen. So hatte ein Gericht im März die erste Ausschreibung für den Anbau von 6,6 Tonnen Cannabis gestoppt, weil die Fristen für Unternehmen zu kurz waren. Das zunächst geplante Anbaujahr 2019 war so nicht zu halten. Bei der ersten Ausschreibung bewarben sich 118 Firmen, nun sollen es Kreisen zufolge doppelt so viele sein. Das BfArM äußerte sich dazu nicht.

Unklar ist, ob die ausgeschriebenen 10,4 Tonnen Cannabis ausreichen. Die Menge ist zwar viel höher als in der ersten Ausschreibungsrunde. Doch seit der Liberalisierung 2017 erlebt Medizin-Hanf einen Boom.

Hatten einst nur rund 1000 Kranke eine Ausnahmegenehmigung, können Ärzte heute Cannabis bei Vorliegen einer genauen Begründung frei verschreiben. Ärzte und Apotheker berichten von einer stark steigenden Nachfrage. Branchenexperten sprechen von 15.000 Cannabis-Patienten, genaue Daten zu deren Zahl gibt es nicht.

Die Wirkstoffe von Cannabis können Schmerzen bei Krebserkrankungen, Übelkeit nach Chemotherapien oder Spastiken bei Multipler Sklerose lindern. Teils ist die medizinische Wirksamkeit aber umstritten.

Presseschau: Grüne wollen Verordnung von Cannabis als Medikament erleichtern (Der Tagesspiegel)

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert bei der Verschreibung von Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten die Streichung des Genehmigungsvorbehaltes durch die Krankenkassen. Wir haben in den letzten ACM-Mitteilungen darüber berichtet (Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen).
Die behandelnden Ärzte, die ihre Patienten kennen, sollen entscheiden dürfen, ob ein Patient eine solche Therapie erhält oder nicht und nicht ein Vertreter des MDK an seinem Schreibtisch.

Grüne wollen Verordnung von Cannabis als Medikament erleichtern

Die Grünen wollen die Krankenkassen nicht mehr bei der Verordnung von Cannabis als Medikament mitreden lassen – weil sie entsprechende Anträge von Patienten zu oft ablehnen. Der sogenannte Genehmigungsvorbehalt der Kassen müsse gestrichen werden, heißt es in einem Gesetzentwurf der Fraktion, der dem Tagesspiegel vorliegt und am Donnerstag vom Bundestag in den Gesundheitsausschuss verwiesen werden soll.

Grüne: Kassen legen das Gesetz zu restriktiv aus
„Wenn Medizinalcannabis ärztlich verordnet wird, muss diese Verordnung gelten“, sagte die drogenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Kirsten Kappert-Gonther, dem Tagesspiegel. Die hohe Ablehnungsquote von einem Drittel aller Anträge zeige, dass die Krankenkassen das Gesetz bisher zu restriktiv auslegten.

Die langen Genehmigungsverfahren und die häufigen Ablehnungen verhinderten zu häufig die Behandlung und erschwerten die Situation der Patienten unnötig. Dabei könnten Arzt und Patient am besten beurteilen, wie schwerwiegend eine Erkrankung sei und ob Medizinalcannabis zum Einsatz kommen müsse.

80.000 Verordnungen im ersten Halbjahr 2018
Laut Sozialgesetzbuch haben genau definierte Patientengruppen mit schwerwiegender Erkrankung seit Januar 2017 Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis. Die Kassen dürfen ihnen bei ärztlicher Verordnung eine Genehmigung „nur in begründeten Ausnahmefällen“ versagen.

Tatsächlich aber werde derzeit etwa ein Drittel aller Anträge abgelehnt, heißt es in dem Entwurf der Grünen. Dies könne „dazu führen, dass die Linderung der Beschwerden von Patientinnen und Patienten hinausgezögert oder gänzlich verhindert wird“. Den Angaben zufolge lag die Zahl der Cannabis-Verordnungen zulasten von gesetzlichen Kassen im ersten Halbjahr 2018 bei knapp 80.000.

Ärztinnen und Ärzten werde die Therapie ihrer Patienten durch den Genehmigungsvorbehalt „erheblich erschwert“, heißt es in dem Grünen-Vorstoß. Zum einen führten formale Fehler häufig zur Ablehnung von Anträgen. Zum andern hintertreibe die gesetzliche Vorgabe zielgenaue Behandlungen.

„Die Möglichkeit, eine passgenaue Medikation durch das Ausprobieren verschiedener Cannabissorten in niedriger Dosierung zu finden, wird quasi verhindert, da nach Auskunft von Betroffenen für jede neue Erstverordnung ein weiteres Genehmigungsverfahren durchlaufen werden muss.“ Dabei entstehe für die Patienten „eine wochenlange Unsicherheit, oft verbunden mit einer unzumutbaren Verlängerung der zu behandelnden Symptome“.

Ärztepräsident findet Überprüfung der Verordnungen sinnvoll

Es sei davon auszugehen, dass die Cannabis-Verordnungen durch eine Streichung des Genehmigungsvorbehalts der Krankenkassen zunähmen, räumen die Grünen ein. Von den Mehrkosten seien dann allerdings wiederum die Einsparungen für nicht verschriebene Opioide und andere nicht mehr benötigte Substanzen abzuziehen. Wenn nur die bisher abgelehnten Anträge akzeptiert würden, hätte das einen Kostenanstieg von rund zwei Millionen EURo im Monat zur Folge.

Die Bundesärztekammer hält nichts von der Grünen-Forderung und warnte vor einer weiteren Liberalisierung. Bei Cannabis handle es sich „nicht um Zuckerpillen, sondern um ein potentes und auch gefährliches Medikament“, sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery dem Tagesspiegel. Auch ärztliche Verordnungen müssten überprüfbar sein. Wenn die Kassen dies nach Recht und Gesetz täten, sei nichts dagegen einzuwenden.

Presseschau: Kritik an Großeinsatz bei Cannabispatientin (Frankfurter Rundschau)

Die Frankfurter Rundschau berichtet über die Wohnungsdurchsuchung bei einer Patientin, die Cannabis für eigene medizinische Zwecke selbst angebaut hat.

Kritik an Großeinsatz bei Cannabispatientin

Wer Magda Sebelka in ihrer Wohnung in der Offenbacher Innenstadt besucht, der passiert eine Tür, die von der Polizei aufgebrochen wurde – die Spuren der Werkzeuge sind noch deutlich zu erkennen, der silbrige Türknauf ist verbogen. Ohne zu klingeln seien eines Sommermorgens um etwa sieben Uhr zwölf Beamte des Fahndungs- und des Rauschgiftkommissariats in ihren Flur gestürmt, erzählt Sebelka – teils in „schwarzer Kampfmontur“ und mit gezogenen Waffen.

Die Spuren an Sebelkas Wohnungstür illustrieren die Härte, mit der die Staatsgewalt weiterhin gegen Menschen vorgeht, die Cannabis konsumieren und für den Eigenbedarf anbauen – während das immer mehr Länder dekriminalisieren oder erlauben. Bei Sebelka ging es wohl vor allem um die selbst gezüchteten Pflanzen. So berichtet es die 34-Jährige, die an Epilepsie, ADHS und Asthma leidet: Cannabis, erzählt sie, sei das Einzige, was bei ihr ohne spürbare Nebenwirkungen helfe. Mit konventionellen Arzneimitteln hat Sebelka schlechte Erfahrungen gemacht. „Klassische“ Antiepileptika meidet sie, weil diese womöglich fruchtschädigend seien. Ein Risiko, dass die Frau, die 2017 eine Tochter geboren hat und weitere Kinder bekommen möchte, nicht eingehen will. Ebenfalls 2017 hat sie auch eine Tochter wegen einer erblichen Krankheit verloren.

Der Landtagsabgeordnete Hermann Schaus von der Linken hat zum Fall Sebelka im September eine Kleine Anfrage gestellt. Jetzt liegt die Antwort des hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU) vor: Dieser rechtfertigt das Vorgehen der Polizei im Juni sowie bei einer ersten Aktion im März. Ein „konsequentes Vorgehen mit dem gewählten Kräfteeinsatz“, so Beuth, sei „zum Erreichen des Einsatzzweckes und zum Schutz“ der eingesetzten Beamten erforderlich gewesen – weil Sebelkas Widerstand „massiv“ gewesen sei. Zum massiven Auftreten der Polizei schreibt Beuth: „Aus Gründen der Eigensicherung trugen die Vollzugsbeamten ihre dienstlich zugewiesene Schutzausstattung.“

Sebelka bestreitet, dass sie Widerstand geleistet habe. Sie habe allerdings eine Beamtin gebissen, als diese sie mit einem „Griff in den Mund“ daran hindern wollte, ihre Cannabis-Medizin zu nehmen. Eine hinzugerufene Ärztin habe es ihr dann erlaubt. Sebelka krisitisiert außerdem, dass auch gegen ihren Mann ermittelt werde.

Hermann Schaus bleibt auch nach Beuths Antwort der Auffassung, dass keine nachvollziehbare Begründung für die „völlig überzogene Reaktion der Polizei“ vorliege. „So ein Vorgehen muss von einer besonderen Gefahrensituation gerechtfertigt sein und das ist in diesem Fall nicht ausreichend dargelegt worden seitens des Ministers“, sagte Schaus der FR. Bei der Darmstädter Staatsanwaltschaft heißt es: „Die Ermittlungen in dieser Sache dauern an, so dass wir uns zum jetzigen Zeitpunkt noch kein abschließendes Bild von der Beweislage und den Aussagen der beteiligten Personen gemacht haben.“ Gegen Sebelka laufen mehrere Verfahren, erzählt sie.

Die Patientin, die von ihrem Arzt Rezepte für Cannabisblüten ausgestellt bekommt, ist längst zur Aktivistin geworden: Im Internet wirbt sie offen für die Legalisierung der Droge, sie nimmt an Podiumsdiskussionen zum Thema teil und engagiert sich drogenpolitisch bei der Linken. Und sie hat ihre Krankenkasse verklagt, weil diese ihr die Kostenübernahme der Cannabis-Rezepte verweigere. Sebelka kritisiert, dass sich ihre Situation seit 2017, als die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln erweitert wurden, verschlechtert habe. So hatte sie bereits vorher die Erlaubnis, Cannabisblüten zu verwenden. Seit 2017 aber sei der Preis für das medizinische Cannabis von etwa zwölf auf bis zu 25 EURo pro Gramm gestiegen – wegen der fehlenden Kostenübernahme müsste sie also theoretisch 3000 EURo im Monat für ihre Medizin aufbringen. Deshalb hatte sie den Eigenanbau gestartet. In den Niederlanden hingegen erhalte sie ein Gramm für sechs EURo, erzählt Sebelka. Sie überlegt daher, mit der Familie dorthin auszuwandern. An ihre Medizin zu kommen, sei in Deutschland „richtiger Stress“.

Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage

Ausschreibung für Medizin-Cannabis verlängert: Neue Frist (cash)

Cannabis-Legalisierung bringt 2,7 Milliarden EURo jährlich (Süddeutsche Zeitung)

Experten diskutieren bei Cannabis-Symposium (Motorzeitung.de)

Cannabis in Deutschland: Ein Jahr nach der Legalisierung (ProSieben)

Die Hamburger Polizei hat keinen Plan, wie sie mit Cannabis-Patienten umgehen soll (Vice)

Statistik der Woche: Cannabis als Medizin (heise online)

„Warum wird Cannabis verboten?“ (VOL.at, Österreich)

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