ACM-Mitteilungen vom 20. Mai 2018
- Liebe Leserin, lieber Leser,
- Presseschau: Hohe Nachfrage nach Cannabis-Therapie (SR.de)
- Presseschau: Geht es nach der Drogenbeauftragten, soll man bald wählen dürfen, welche Strafe man will: Bußgeld oder Behandlung (Süddeutsche Zeitung)
- Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Liebe Leserin, lieber Leser,
wie groß muss die Not der Patienten sein, die vergeblich einen Arzt suchen, der Ihnen Cannabis auf Rezept verschreibt? Ein Arzt aus München nimmt ungeniert 150 € für eine Erstbehandlung, 50 € für ein Attest und 60 € für ein Wiederholungsrezept. Das ist Kapitalismus in Reinform im Gesundheitswesen, in dem Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen. Danach ist die Nachfrage offenbar groß, und das Angebot leider immer noch gering, wenn es um Cannabis als Medizin geht.
Es reicht nicht, an Ärzte zu appellieren, doch bitte auch cannabisbasierte Medikamente als Therapieoption in Betracht zu ziehen. Es bedarf struktureller Veränderungen, dass Ärzte, die grundsätzlich nicht gegen eine solche Behandlung sind, dies auch praktisch tun.
Hier findet sich eine aktuelle Datei mit Fallberichten und Studien mit Cannabis und Cannabinoiden bei verschiedenen Erkrankungen, die für die Argumentation zur Kostenerstattung hilfreich sein kann.
Viel Spaß beim Lesen!
Franjo Grotenhermen
Presseschau: Hohe Nachfrage nach Cannabis-Therapie (SR.de)
Die Techniker Krankenkasse hat einen Cannabis-Report veröffentlicht, den viel Medien aufgegriffen haben.
Hohe Nachfrage nach Cannabis-Therapie
Ein neues Gesetz hatte im Frühjahr 2017 die Abgabe von medizinischem Cannabis an Kranke erleichtert. Seitdem ist die Nachfrage nach einer Behandlung im Saarland stark gestiegen. Dabei hätten Patienten oft falsche Vorstellungen vom Einsatz der Therapie, wie der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Gunter Hauptmann, dem SR sagte.
Derzeit, so schätzt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Gunter Hauptmann, würden im Saarland etwa 500 Patienten mit der Cannabis-Therapie behandelt. Das bestätigen in etwa auch Zahlen der Krankenkassen. Dass es im Saarland im Bundesvergleich viele Cannabis-Verordnungen gibt, hatte am Donnerstag der Cannabis-Report der Techniker Krankenkasse (TK) belegt.
TK und Barmer: Saarland bundesweit Spitze
Demnach gab es im Saarland seit März 2017, als Cannabis auf Rezept eingeführt wurde, 209 Verordnungen pro 100.000 Versicherte. Das ist der Spitzenplatz unter den Bundesländern. Noch höher liegen die Zahlen bei der Barmer. Nach Angaben der Versicherung ergeben sich für das Saarland 224 abgerechnete Verordnungen je 100.000 Versicherte seit Einführung des Cannabis-Gesetzes. Wie bei der TK nimmt auch bei der Barmer das Saarland den Spitzenplatz unter den Bundesländern ein.
Dennoch, so Hauptmann, hätten Patienten häufig falsche Vorstellungen über die Therapie. So hätten viele Tumor-Patienten aus der Presse den Eindruck gewonnen, dass das Cannabis wie eine Chemo-Therapie wirkt. „Das Cannabis ist ein gutes Medikament im Bereich der Schmerztherapie und auch für Palliativpatienten“, so Hauptmann. Sie ersetze aber nicht die Chemo-Therapie, sondern könne als Ergänzung wirken. Bei schwerstkranken Patienten helfe sie gut, Beschwerden wie Übelkeit zu lindern.
Erfolgreicher Einsatz im Palliativ-Bereich
Bei der Verbreitung dieser Therapie spielt nach Ansicht von Hauptmann im Saarland ein spezieller Faktor eine Rolle. „In einer relativ kleinen Region spricht sich so etwas schneller herum, wenn es dort einen Protagonisten gibt, der besonders innovativ ist und zügig in die Verbreitung damit will.“ Zudem gehe die saarländische Ärzteschaft „sehr gerne auf solche Innovationen los“. Nach einem Jahr "Cannabis als Medizin" zieht Hauptmann eine positive Bilanz: „Das Konzept ist erfolgreich“, sagt der Mediziner. Dies gelte in jedem Fall was die Palliativmedizin und Schmerztherapie angehe.
Gottschling: Noch immer zu wenig Cannabis-Verordnungen
Kritik kommt vom Leiter des Zentrums für Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie an der Uni-Klinik Hombutg, Professor Sven Gottschling. Für ihn werde Cannabis noch viel zu selten eingesetzt. Das hänge einerseits mit den hohen Hürden bei der Verordnung zusammen. "Der andere Grund ist, dass viele Ärzte sich einfach nicht hinreichend damit auskennen und sind sich einfach unsicher. Der Wissensstand ist noch sehr überschaubar." Daher brauche es viel mehr Aufklärung. Dabei seien die Ärzte sehr interessiert an der Thematik. "Ich bin da sehr aktiv unterwegs. Und egal, wo wir Veranstaltungen anbieten, werden wir überrant. Das heißt, die Ärzte sind sehr interessiert", sagte Gottschling.
Es gehe jetzt darum, weitere Erfahrungen zu sammeln, um herauszufinden, ob diese Therapie auch in anderen Situationen eingesetzt werden könnte.
Presseschau: Geht es nach der Drogenbeauftragten, soll man bald wählen dürfen, welche Strafe man will: Bußgeld oder Behandlung (Süddeutsche Zeitung)
Bei der Vorstellung eines Berichts zum Drogenkonsum in Deutschland machte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, einen Vorschlag zur Entkriminalisierung des Cannabisbesitzes.
Zahl der Drogentoten nimmt erstmals seit 2012 ab
[…] Präventiv möchte sie eine große Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne starten, groß "wie beim Thema Aids". "Wir brauchen eine breite Diskussion über Sucht und Drogen, Tabak, Alkohol." Wichtig seien nicht nur die Suchtkranken selbst, der Umgang mit ihnen sei genauso wichtig. Offen und direkt müsse der sein, die Botschaft müsse lauten: Für deine Sucht brauchst du dich nicht zu schämen, "die Sucht soll nicht länger das bestgehütete Familiengeheimnis sein müssen", so Mortler.
Die Drogenbeauftragte hat auch eine Vision: den Drogenkonsum mit dem Sanktionsrecht zu verzahnen. Wer in Zukunft im Besitz von Cannabis für den Eigenkonsum von der Polizei erwischt wird, solle wählen dürfen, ob er Bußgeld bezahlt, oder sich freiwillig gezielt vom Experten helfen lässt. Warum das Thema alle angeht, warum Marlene Mortler "absolut motiviert" ist, gegen die Drogen zu kämpfen, zeigt nicht nur die Zahl der Toten, das zeigt auch die Zahl der Lebenden: Drei Millionen Kinder wachsen in sogenannten suchtbelasteten Familien auf.
Einige Pressemeldungen und Informationen der vergangenen Tage
Cannabis gegen die Schmerzen (Frankfurter Rundschau)
Cannabis: Eine Droge im Kampf gegen den Schmerz (Bruchsaler Rundschau)
Wie steht es um den medizinischen Hanf in Deutschland? (Niederlausitz)
Bier-Lobby fürchtet Wettbewerb durch Cannabis (Wallstreet Online)
Hype um den Hanf (Frankfurter Allgemeine)
DAK feilscht bis zum Einkaufspreis (Apotheke Adhoc)
Cannabisblüten Klenk über den pharmazeutischen Großhandel lieferbar (Apotheke Adhoc)
Cannabis als Arznei umstritten (Volksstimme.de)
Cannabis-Report lässt die Blütenträume platzen (Ärzte Zeitung)
Veranstaltungen 2020
Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.
IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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