ACM-Mitteilungen vom 24. September 2016
- Liebe Leserin, lieber Leser,
- Termine
- Importeure für Cannabisblüten senken Preise
- Expertenanhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Cannabis als Medizin am 21. September 2016
- Presseschau: Kritik an Cannabis-Gesetzentwurf (Bundestag)
- Presseschau: Apotheken verkaufen deutlich mehr medizinisches Cannabis (Berliner Morgenpost)
- Presseschau: Breites Interesse (Der Aktionär)
- Presseschau: Artikelserie: Cannabis aus der Apotheke (rosenheim24)
Liebe Leserin, lieber Leser,
am Mittwoch, dem 21. September 2016, fand die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestags zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ sowie zum Antrag der Fraktion Die Linke „Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend gewährleisten“ statt.
Die Sitzung wurde aufgezeichnet und kann in der Mediathek des Bundestags angeschaut werden. Hier finden sich auch die Stellungnahmen der Verbände sowie der eingeladenen Experten. Von der ACM waren Prof. Dr. Kirsten Müller-Vahl und Dr. Franjo Grotenhermen, daneben Max Plenert vom Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin (SCM) und Dr. Oliver Tolmein, Rechtsanwalt des von der ACM betriebenen und finanzierten Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zum Eigenanbau, als Experten eingeladen.
Wir erwarten die Genehmigung des Eigenanbaus durch die Bundesopiumstelle für Michael F. in diesem gewonnenen Gerichtsverfahren vom 6. April 2016 innerhalb der kommenden Tage (BVerwG 3 C 10.14).
Viel Spaß beim Lesen!
Herzliche Grüße
Franjo Grotenhermen
Termine
2. Oktober 2016: Fernsehsendung zu Cannabis als Medizin und Rauschmittel
Cannabis – Rausch und Medizin
7. bis 9. Oktober 2016: Programm im Rahmen der Cultiva Wien mit Ilya Reznik, Manuel Guzman, Franjo Grotenhermen, Kurt Blaas, Rudolf Brenneisen und anderen.
Cultiva-Programm
18. November 2016: Fachvortrag von Franjo Grotenhermen: Cannabis und Cannabinoide in der Medizin, Immanuel Krankenhaus Berlin
Workshop: Cannabis und Cannabinoide in der Medizin
Importeure für Cannabisblüten senken Preise
Nachdem der neue Importeur MedCann im August den Import von Cannabisblüten aus Kanada angekündigt hat, haben die Importeure Pedanios und Fagron Preissenkungen angekündigt. Einige Apotheken haben angekündigt, Cannabisblüten zukünftig zu einem Preis von unter 65 EURo für 5 Gramm abzugeben.
Expertenanhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Cannabis als Medizin am 21. September 2016
Von 14:00 bis 15:30 Uhr fand am Mittwoch dieser Woche eine Expertenanhörung
zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 28.06.2016 ( Bundestagsdrucksache 18/8965) sowie
zum Antrag der Fraktion Die Linke „Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend gewährleisten“ (Bundestagsdrucksache 18/6361)
statt.
In der Zusammenfassung der Stellungnahme der ACM heißt es:
Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erleichterung des Zugangs der Bevölkerung zu einer Therapie mit Cannabis bzw. auf Cannabis basierenden Medikamenten. Insbesondere begrüßt sie die Pläne zur Verschreibungsfähigkeit von Cannabisblüten, Möglichkeiten zur Erstattungsfähigkeit von Cannabis-basierten Medikamenten sowie den Aufbau einer Cannabis-Agentur zur Sicherstellung der Versorgung mit Medizinalcannabisblüten in Deutschland.
Die ACM unterstützt den Antrag der Fraktion Die Linke. Sie unterstützt die Forderung, nach der Patientinnen und Patienten, denen Cannabis-basierte Medikamente verschrieben werden, hinsichtlich Fahrtüchtigkeit und Fahreignung so behandelt werden sollen wie Patientinnen und Patienten, die andere Medikamente einnehmen. Zudem wird die Umstufung von Cannabis in die Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes sowie die Forderung nach einer verstärkten Unterstützung der Forschung zur medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten unterstützt.
Nach Auffassung der ACM sollte die Entscheidung über eine Therapie mit Cannabis-basierten Medikamenten im Dialog zwischen Arzt und Patient erfolgen. Insbesondere sollte die Entscheidung für oder gegen eine Therapie mit Cannabis-basierten Medikamenten nicht von den finanziellen Ressourcen der betroffenen Patienten abhängen: Das gesundheitliche Wohl des Patienten sollte unabhängig von den Vermögensverhältnissen im Vordergrund der Behandlung stehen. Daher ist der wichtigste kritische Punkt des Gesetzentwurfs die Beschränkung der Kostenübernahme auf solche Ausnahmefälle, in denen keine Standardtherapien zur Verfügung stehen. Dieser restriktive Umgang wird dazu führen, dass die erforderliche Therapiefreiheit in anderen Fällen weiterhin nur für vermögende Patienten besteht.
In dem geplanten Gesetz sollten deshalb folgende Aspekte berücksichtigt bzw. ein angemessener Umgang mit diesen Fragen sichergestellt werden:
1. Obergrenzen für Ärztinnen und Ärzten bei der Verschreibung von Medikamenten bzw. drohende Regressforderungen wegen Budgetüberschreitung sollten nicht zu vermeidbaren Versorgungslücken bei der Verschreibung von Cannabis-basierten Medikamenten führen. Daher ist es erforderlich, dass die Verschreibung von Cannabis-basierten Medikamenten wie eine Praxisbesonderheit behandelt wird. Sonst droht das Gesetz ein Gesetz für Privatpatienten zu werden, von dem gesetzlich versicherte Bundesbürger nicht in dem erforderlichen Umfang profitieren können.
2. Es gibt Erkrankungen, bei denen viele Standardtherapien bzw. potenziell wirksame Medikamente zur Verfügung stehen. Daher kann es mitunter viele Monate oder gar Jahre dauern, all diese Behandlungen auszuprobieren, während möglicherweise bereits bekannt ist, dass Cannabis-basierte Medikamente gut wirksam sind. In dieser langwierigen Probierphase müsste ein Patient gegebenenfalls eine unzureichende Behandlung – eventuell sogar mit negativen Auswirkungen auf seine Gesundheit und Lebensqualität mit Arbeitsunfähigkeit – erdulden. Die Forderung, dass ein Patient zuerst „austherapiert“ sein muss, bevor eine Behandlung mit Cannabis erfolgen darf, kann im Einzelfall unzumutbar und aus medizinischer Sicht unsinnig sein. Ebenso wie für andere Therapieverfahren sollte auch für eine Behandlung mit Cannabis und Cannabinoiden gelten, dass eine einmal als wirksam und verträglich festgestellte Therapie beibehalten werden kann.
3. Soweit heute bekannt, führen Behandlungen mit Cannabis und Cannabis-basierten Medikamenten kaum je zu schwerwiegenden Langzeitschäden. Daher kann es im Einzelfall sinnvoll sein, eine hinsichtlich therapeutischem Erfolg und akuter Nebenwirkungen gleichwertige Therapie mit Cannabisprodukten einer Behandlung mit einem zugelassenen Standartmedikament (etwa einem Immunsuppressivum) vorzuziehen. Die Risiko-Nutzen-Bewertung einer Behandlung muss grundsätzlich immer auch mögliche Langzeitschäden im Blick haben – dieses ethische Prinzip sollte auch im Falle einer Entscheidung für oder gegen eine Therapie mit Cannabis-basierten Medikamenten Anwendung finden und im Hinblick auf eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen berücksichtigt werden.
Die ACM bittet die Bundesregierung beim Übergang von der gegenwärtigen zur geplanten Gesetzeslage durch geeignete Maßnahmen zudem darum, dafür Sorge zu tragen bzw. darauf hinzuwirken,
dass die Kosten für eine Behandlung mit Cannabisblüten für Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs. 2 durch die Krankenkassen übernommen werden und keine erneute Prüfung der Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen bzw. den Medizinischen Dienst der Krankenkassen erfolgt,
dass anhängige Strafverfahren gegen Erlaubnisinhaber, die sich aufgrund mangelnder finanzieller Ressourcen die Cannabisblüten aus der Apotheke nicht in dem notwendigen Umfang leisten können, eingestellt und bereits erfolgte Geld- oder Freiheitsstrafen erlassen werden.
Die ACM regt an, neben der geplanten obligaten Begleiterhebung eine Begleitforschung auf freiwilliger Basis unter aktiver Einbeziehung der Patienten durchzuführen. Der Vorstand der ACM geht davon aus, dass bei einer angemessenen Vermittlung der Ziele einer solchen Begleitforschung, die wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse für den weiteren medizinischen Einsatz von Cannabis-basierten Medikamenten gewinnen kann, eine große Bereitschaft der Patienten zur Teilnahme besteht.
Das Fazit der ACM lautet:
Der vorgelegte Gesetzentwurf ist ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Er soll dazu beitragen, dass deutlich mehr Bundesbürger mit Cannabis-basierten Medikamenten behandelt werden können. Wie Erfahrungen aus anderen Ländern bereits eindeutig gezeigt haben, ist dies auch notwendig, um den Bedarf an einer ausreichenden Behandlung mit solchen Medikamenten sicherzustellen und die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu verbessern.
Ob die Absicht des Gesetzes - nämlich ausreichende Behandlungsmöglichkeiten mit Cannabis-basierten Medikamenten zu schaffen – dann aber auch tatsächlich Realität in Deutschland wird, hängt entscheidend von drei Faktoren ab: (1) werden Ärztinnen und Ärzte trotz Budgetierungen ihrer Arzneimittelausgaben Cannabisblüten und Cannabinoid-Medikamente auch tatsächlich in dem medizinisch erforderlichen Umfang verschreiben? (2) werden die Krankenkassen die Kosten für die Behandlungen in einem nennenswerten Umfang tatsächlich übernehmen? und (3) werden mit Cannabis behandelte Patientinnen und Patienten durch die Fahrerlaubnisbehörden und die MPU-Stellen im Regelfall als faihrgeeignet eingestuft, wie dies grundsätzlich auch für andere Medikamente gilt?
Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) möchte die Gelegenheit nutzen, sich bei allen Mitgliedern des Deutschen Bundestags zu bedanken, die sich in ihren Fraktionen für Verbesserungen bei der medizinischen Verwendung von Cannabis-basierten Medikamenten eingesetzt haben und sich für weitere Verbesserungen am Gesetzentwurf und den damit aufgeworfenen darüber hinaus reichenden Fragen einsetzen.
Presseschau: Kritik an Cannabis-Gesetzentwurf (Bundestag)
In einer Pressemitteilung fasste der Bundestag die Diskussionen während der Ausschusssitzung zusammen.
Kritik an Cannabis-Gesetzentwurf
Berlin: (hib/PK) Mediziner, Psychologen und Rechtsexperten begrüßen die geplante reguläre Verordnungsmöglichkeit für cannabishaltige Arzneimittel, sehen in dem von der Bundesregierung vorgesehenen Verfahren aber einige Mängel. Anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses über den Gesetzentwurf (18/8965) am Mittwoch im Bundestag wiesen Ärzte, auch in ihren schriftlichen Stellungnahmen, den geplanten Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen strikt zurück.
Sehr kritisch gesehen wird auch die Verordnungsfähigkeit von Cannabisblüten, weil es für deren therapeutischen Nutzen keine hinreichenden Belege gebe. Von vielen Experten abgelehnt wird überdies die verpflichtende Datenerhebung für die Begleitforschung, die an die Kostenerstattung gekoppelt werden soll.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass schwer kranke Patienten künftig auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit Cannabisarzneimitteln und Rezepturen versorgt werden können. Dazu sind Änderungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) nötig. Cannabis ist eine Droge, die bisher nur in Ausnahmefällen als Heilmittel zum Einsatz kommt, etwa um Schmerzpatienten zu therapieren. Die Kosten müssen die Patienten in der Regel selbst tragen.
Patienten sollen künftig auch getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität auf ärztliche Verschreibung hin in Apotheken erhalten können. Für die Versicherten wird zudem, auch in eng begrenzten Ausnahmefällen, ein Anspruch auf Arzneimittelversorgung mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon geschaffen.
Um die Versorgung sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht. Geplant ist der Aufbau einer staatlichen Cannabisagentur. Um die genaue Wirkung der Cannabisarzneimittel zu erforschen, soll die Kostenerstattung an eine wissenschaftliche Begleiterhebung geknüpft werden.
Nach Ansicht der Bundesärztekammer (BÄK) und der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) ist der Genehmigungsvorbehalt durch die Krankenkassen nicht sachgerecht. Auch das geplante Verfahren zur Erhebung und Verarbeitung von Patientendaten wird abgelehnt, weil dafür die datenschutzrechtliche Grundlage fehle. So sei wegen der Verknüpfung des Behandlungsbedarfs mit der Verpflichtung zur Teilnahme an der Begleiterhebung "eine Einwilligung mangels Freiwilligkeit nicht wirksam", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Von einer Verpflichtung sollte daher abgesehen und auf eine freiwillige Teilnahme gesetzt werden.
Auch der Medizinrechtsexperte Oliver Tolmein, der die Reform im Grundsatz befürwortete, gab zu Bedenken, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an der Begleiterhebung auf unverhältnismäßige Weise in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen eingreife. Hinzu kämen datenschutzrechtliche Probleme.
Der Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) hält die Begleiterhebung für sinnvoll, um weitere Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Cannabisblüten und Cannabisextrakten zu gewinnen. Wissenschaftliche Studien belegten, dass bei chronischen Schmerzen, in der Tumorschmerztherapie und in der Palliativmedizin Cannabis wirksam sei. Auch Übelkeit bei Tumorschmerzpatienten könne mit medizinischem Cannabis effektiv behandelt werden.
Allerdings sei die Studienlage nicht so gefestigt, dass die Verschreibungs- und Erstattungsfähigkeit von Cannabisblüten und Cannabisextrakten vorbehaltlos zu rechtfertigen wäre. Problematisch sei zudem, für die Erstverordnung die Genehmigung der Krankenkasse einzufordern. Die Kassen gingen mit solchen Anträgen sehr unterschiedlich um, von strikter Ablehnung bis hin zu raschen Bewilligungen. Das Genehmigungsverfahren sollte möglichst einfach gehalten, die Genehmigung durch die Kassen gestrichen werden. Damit könnten die Ärzte auch von neuen bürokratischen Belastungen freigehalten werden.
Nach Ansicht der Deutschen Schmerzgesellschaft besteht für die Schmerz- und Palliativmedizin keine wissenschaftlich erkennbare Notwendigkeit für eine Verschreibungsfähigkeit von Medizinalhanf. Die Datenbasis für die Wirksamkeit von Medizinalhanf im Vergleich zu etablierten Medikamenten sei dürftig. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Medizinalhanf wirksamer oder nebenwirkungsärmer sei als die definierten chemischen Substanzen. Auch sei eine genaue Dosierung nicht möglich. Jedoch sollten die verfügbaren Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen werden.
Auch der GKV-Spitzenverband hält die vorliegenden Belege für die Wirksamkeit von Cannabisblüten für unbefriedigend. Eine Versorgung der Patienten mit Cannabis zulasten der GKV stehe somit im Widerspruch zu den geltenden Normen und sei weder mit dem Solidarprinzip noch dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Ergebnisse der Begleiterhebung ausreichend sein würden, um eine Leistungspflicht in der GKV zu begründen. Problematisch seien auch die Kosten bei einem Apothekenaufschlag von hundert Prozent.
Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) wandte sich dagegen, die Droge zu verharmlosen und plädierte für einen weiter restriktiven Umgang mit medizinischem Cannabis. Da der Konsum mit psychischen, sozialen und körperlichen Risiken verbunden sei, sollten die mit Cannabisblüten und Cannabisextrakten behandelten Patientengruppen möglichst eng begrenzt werden. Zudem müsste geregelt werden, wer für gesundheitliche Schäden hafte.
Das sieht die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) ähnlich und kommt zu dem Schluss, dass die Abgabe hochwirksamer Pflanzendrogen im Rahmen einer Arzneimitteltherapie und das Vertrauen auf eine richtige Anwendung und Dosierung durch die Patienten einen Rückschritt für die Arzneimitteltherapiesicherheit bedeuten würden. Die DGP trete daher für die Verwendung von Fertigarzneimitteln mit standardisiertem Wirkstoffgehalt und definierten Dosierungen ein.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) warnte vor Unter- und Überdosierungen und verlangte präzisere Vorgaben, welche Art Cannabis mit welchem THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol) verordnet werden soll. Es sei zudem inakzeptabel, Cannabis zu rauchen. Für Cannabis-Kekse gebe es keine standardisierten Verfahren. Denkbar wäre eine Dampfinhalation.
Auf die Sortenvielfalt bei Cannabis machte der Deutsche Hanfverband (DHV) aufmerksam. Berichte von Patienten zeigten, dass die vielen verschiedenen Sorten und Züchtungen ganz unterschiedliche medizinische Wirkungen und Nebenwirkungen mit sich brächten. Dieser bislang wenig beachtete Aspekt sollte zum Wohl der Patienten beachtet werden. Nach Ansicht des Hanfverbandes sollte den Patienten künftig deshalb auch erlaubt werden, jene Sorte Cannabis selbst anzupflanzen, die für sie am besten geeignet sei. Das wäre dann auch die preiswerteste Variante, zumal mit erheblichen Kosten durch die Verschreibung von Cannabis gerechnet werden müsse.
Der Einzelsachverständige Maximilian Plenert, Mitglied im Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin (SCM) und selbst Patient mit einer Ausnahmegenehmigung für die Droge, erklärte, die Stärke von Cannabis liege in der komplementären Wirkung bei mehreren gleichzeitigen Leiden. In der Summe ergebe sich ein sehr gutes Verhältnis von Wirkung zu Nebenwirkungen und Risiken. Die Therapieentscheidung müsse beim Arzt und dem Patienten liegen.
Auch Plenert lehnte den angedachten Zwang zur Begleiterhebung aus medizinisch-ethischen sowie datenschutzrechtlichen Gründen ab. Es sei außerdem zu befürchten, dass durch die Verordnungshürden beim Arzt, der Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), darunter die Vorgabe, sich zuvor "austherapieren" zu lassen, das Gesetz zum Papiertiger werde. Mehrere andere Experten schlossen sich in der Anhörung dem Punkt an und empfahlen, von dem "Flaschenhals" des Austherapierens Abstand zu nehmen, weil dies nicht im Interesse der Patienten sei.
In der Anhörung mitberaten wurde ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/6361), der Forderungen enthält, die sich zum Teil mit dem Gesetzentwurf der Regierung decken und auf eine liberalere Verordnungspraxis für Cannabis im Sinne der Patienten zielt.
Presseschau: Apotheken verkaufen deutlich mehr medizinisches Cannabis (Berliner Morgenpost)
Mehrere Medien berichteten über eine Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke, nach der der Cannabisverkauf in deutschen Apotheken deutlich zugenommen hat.
Apotheken verkaufen deutlich mehr medizinisches Cannabis
Cannabis wird als Medizin in Deutschland nur an relativ wenige Menschen verkauft. Dennoch gibt es einen Anstieg beim Verkauf der Droge.
In Deutschland sind seit 2011 rund 233 Kilogramm medizinisches Cannabis von Apotheken verkauft worden. Das geht aus einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Parlamentsanfrage hervor, die dieser Redaktion vorliegt. Wurden im ersten Halbjahr 2015 noch rund 34 Kilogramm verkauft, waren es im ersten Halbjahr 2016 rund 62 Kilogramm.
Medizinisches Cannabis wird nur in seltenen Fällen an kranke Menschen abgegeben. Ärzte setzen das Arzneimittel bei Menschen ein, die an Krebs erkrankt sind oder an Multipler Sklerose leiden. Das Bundesgesundheitsministerium hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Patienten den Zugang zu Cannabis erleichtern soll.
Für Linke hat Gesetzesvorlage zu lange gedauert
Die Linke kritisiert, dass dies zu spät komme und die Genehmigungen restriktiv gehandhabt wurden: "Elf Menschen sind seit der Gesetzesankündigung der Bundesregierung im Februar 2015 verstorben, bevor ihr Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung bescheinigt wurde", sagte Fraktionsvize Frank Tempel. "Vielleicht wären zumindest ihre Leiden gelindert worden, vielleicht wären sie sogar noch am Leben, wenn die Bundesregierung ihnen nicht unnötig hohe bürokratische Hürden auferlegt hätte."
Presseschau: Breites Interesse (Der Aktionär)
Vom gesteigerten Interesse an der medizinischen Verwendung von Cannabis profitieren in verstärktem Maße Unternehmen, wie GW Pharmaceuticals, die in diesem Sektor aktiv sind.
Das ist auch für Anleger interessant.
Cannabis als Bestandteil von Arzneimitteln steht weltweit vor dem Durchbruch. Großer Profiteur: Die Aktie von GW Pharmaceuticals.
Der Staat wird zum Drogendealer. Zumindest fast. Denn künftig soll Marihuana in Deutschland unter staatlicher Aufsicht angebaut werden. Zu medizinischen Zwecken, versteht sich. Hintergrund ist eine Änderung des Betäubungsmittelrechts, die das Kabinett vor wenigen Monaten beschlossen hat. Demnach können sich Schwerstkranke und Patienten, für die es keine Therapie-Alternativen gibt, Gras- und Cannabis-Arzneien ganz legal in der Apotheke holen. Die Kosten erstattet die gesetzliche Krankenversicherung. Bisher haben lediglich 779 Patienten die Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Cannabis in der Apotheke zu kaufen. Zu wenige, findet Franjo Grotenhermer, Geschäftsführer der International Association for Cannabinoid Medicines (IACM). Laut seinen Schätzungen benötigen in Deutschland bis zu 1,6 Millionen Menschen eine Behandlung mit Medizin auf Cannabis-Basis. Menschen, die durch die jetzige Gesetzesänderung leichter an die benötigte Medizin kommen. Seriöse Schätzungen, mit denen sich auf das Marktvolumen schließen ließe, sind praktisch nicht verfügbar. 2012 kostete ein Gramm Cannabis in der Apotheke jedoch zwischen 14 und 17 EURo. In verschiedenen Medienberichten veranschlagen Patienten ihren Bedarf zudem mit 30 bis 50 Gramm pro Monat. In der Mitte sind das Kosten von rund 600 EURo pro Monat und Betroffenem. Selbst mit einem ordentlichen Sicherheitspuffer versehen und mögliche Schwierigkeiten – etwa Lieferengpässe – außer Acht gelassen, könnte das Marktvolumen für Medizinalhanf hierzulande auf das Jahr gerechnet leicht mehr als eine Milliarde EURo erreichen.
Wer profitiert?
Was die schrittweise Legalisierung von Marihuana betrifft, ist Amerika schon weiter. Dort ist medizinisches Marihuana derzeit in 23 Bundesstaaten legal erhältlich – und ein Riesengeschäft. 2015 wurde allein in Kalifornien, Colorado, Washington, Arizona und Michigan ein Umsatz von 2,7 Milliarden Dollar erzielt. 74 Prozent mehr als im Vorjahr. Hauptprofiteure dieser Entwicklung sind Pharmaunternehmen, die sich auf Medizinalhanf spezialisieren, darunter die britische GW Pharmaceuticals.
Die „grüne“ Revolution
Ziel der Unternehmensgründer Geoffrey Guy und Britain Whittle war von Beginn an die Entwicklung marktfähiger Cannabis-Medikamente. Es dauerte über zehn Jahre, bis sie das erste Medikament auf Cannabis-Basis auf den Markt brachten: Sativex, ein Mundspray, das unter anderem zur Behandlung von multipler Sklerose (MS) zum Einsatz kommt. Das Spray basiert auf den beiden Wirkstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBC) und lindert die Folgen der MS-Erkrankung. Nach der Erstzulassung 2010 in Großbritannien folgten zahlreiche weitere. Heute ist das Hanfmedikament in 27 Ländern zugelassen, darunter in Großbritannien, Deutschland und Italien. Der Preis für 30 Milliliter Sativex, einer Monatsdosis, beträgt in Deutschland fast 600 EURo. Gelingt es GW Pharmaceuticals auch nur zehn Prozent der in Deutschland an multipler Sklerose erkrankten Menschen (circa 200.000) als Kunden zu gewinnen, ergibt sich für die Briten ein Umsatzpotenzial von mehr als 140 Millionen EURo. Zum Vergleich: 2015 erzielte GW Pharmaceuticals insgesamt Erlöse von 43 Millionen Dollar und verbuchte – aufgrund enormer Forschungskosten – einen operativen Verlust von 86 Millionen Dollar.
Markteintritt in den USA?
Neben der Behandlung von MS-Beschwerden wird Sativex in Kanada auch Krebspatienten zur Schmerzbehandlung verschrieben. Zu diesem Zweck könnte das Mundspray schon bald auch in den USA erhältlich sein. Derzeit läuft die dritte Phase der klinischen Studien, die die Eignung prüfen soll. Doch nicht nur bei Krebs und multipler Sklerose ist die Medikation mit Cannabis hilfreich. Auch bei der Behandlung von Epilepsie zeigen sich erste Erfolge mit Epidiolex. Ebenfalls ein Medikament von GW Pharmaceuticals, das zu 100 Prozent aus reinem Cannabidiol besteht.
Prüfung bestanden
Vor wenigen Tagen hat Epidiolex die letzte Prüfphase vor der Zulassung durchlaufen. Diese sollte die Auswirkungen bei der Behandlung des Lennox-Gastaut Syndroms zeigen – eine seltene und schwer zu behandelnde Form von Epilepsie, die bei Kindern auftritt. Das Ergebnis: Epidiolex reduzierte die Anzahl der Anfälle in einem Monat um bis zu 44 Prozent. Bereits im März hatten die Forscher festgestellt, dass Epidiolex auch positive Effekte auf das sogenannte Dravet-Syndrom hat – eine seltene, schwere und bislang therapie-resistente Art der Epilepsie. In den USA wurde für Epidiolex außerdem ein „expanded access“ Programm etabliert, bei dem 450 Kinder das Medikament kostenlos von ihrem Arzt bekamen. Ergebnis: Nach drei Monaten waren über zwölf Prozent der Behandelten anfallsfrei. GW Pharmaceuticals plant, das Medikament bis Mitte 2017 auf den US-Markt zu bringen. Das wäre ein echter Durchbruch.
Zwar wird Cannabis in einigen amerikanischen Staaten bereits heute medizinisch verordnet – allerdings fehlte GW Pharmaceuticals bislang die Zulassung. Aber die Zulassung für Sativex befindet sich bereits in der Endphase und Epidiolex hat mit den durchgeführten Studien bereits einen Fuß in der Tür. Auch die wachsende Zustimmung unter der amerikanischen Bevölkerung, Cannabis zu legalisieren, dürfte GW Pharmaceuticals in die Karten spielen. Sollte Cannabis landesweit verfügbar gemacht werden, dürfte sich das Marktvolumen vervielfachen. Studien gehen allein für den Bundesstaat Washington von einem Volumen von einer Milliarde Dollar aus.
Reinrassiger Hot-Stock
GW Pharmaceuticals ist nichts für Anleger mit schwachen Nerven. Doch das Bewusstsein, Cannabis nicht nur als Droge, sondern als medizinische Alternative zu sehen, wächst. Bekommt das Unternehmen die Zulassung für seine beiden Cannabis-Medikamente, ist der Kursschub bei der Aktie vorprogrammiert.
Presseschau: Artikelserie: Cannabis aus der Apotheke (rosenheim24)
Das Internetportal rosenheim24 berichtete in einer Artikelserie über die medizinische Verwendung von Cannabisblüten. In fünf Beiträgen kamen ein Patient, der eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten von der Bundesopiumstelle besitzt, die örtliche Polizei, ein Apotheker, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie die Landesärztekammer Bayern zu Wort.
Der Patient: „Kurz und bündig - Cannabis hilft mir zu einem Leben überhaupt! Ich bin seitdem aufgeschlossen, sozial engagiert - all das ist, wenn man die Vorgeschichte kennt, eine sehr große Wandlung."
Rosenheimer darf nach langem Kampf legal kiffen
Die Polizei: „Sollte das Cannabis öffentlich konsumiert werden und die Polizei stellt das fest, so wird der Patient sicherlich seine Erlaubnis vorlegen. Zur Abklärung der Richtigkeit würden wir dann wohl mit dem Arzt und dem BfArM Kontakt aufnehmen.“
Was passiert, wenn die Polizei auf einen Konsumenten trifft?
Der Apotheker: „Wir sind hier glaube ich echt die Einzigen weit und breit, ich kann es nur vermuten, die nächsten wahrscheinlich in München. Es gibt auch in Deutschland nicht viele Patienten, die diese Sondererlaubnis haben. Zu uns kommt bisher nur einer, demnächst der Zweite.“
"Warum werden die Vorteile von Cannabis nicht mehr genutzt?"
Das BfArM: "Wir gehen stark davon aus, dass die Anzahl der Patienten steigen wird. Daher wird die Einfuhr von Cannabis aus Holland nicht mehr ausreichen. Die Folge wird sein, dass medizinisches Cannabis auch in Deutschland angebaut wird."
"Die Einfuhr aus Holland wird bald nicht mehr ausreichen"
Die Ärztekammer: „Die Bayerische Landesärztekammer befürwortet Cannabis auf Rezept für schwerkranke Patienten. Es handelt sich nicht um eine Legalisierung der Droge, sondern es geht um die medikamentöse Versorgung chronisch kranker Patienten.“
"Cannabis entkrampft und steigert das Wohlbefinden, aber..."
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IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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