ACM-Mitteilungen vom 01. August 2015
- Presseschau: Marihuana in Wohnung gezüchtet: Amtsgericht spricht Schmerzpatient frei (Rundblick Unna.de)
- Presseschau: Cannabiszüchter freigesprochen (WDR)
- Antwort der Bundesregierung: Keine statistische Erfassung von Lieferengpässen bei Cannabis als Medikament möglich
- Presseschau: LKA verschickt Schreiben an Polizisten: Das ist die Lizenz zum Kiffen (Bild-Zeitung)
- Presseschau: Weil er Cannabis gegen Schmerzen nahm: Schwerkranker landet vor Gericht (Bild Hannover)
- Presseschau: Cannabis bald ohne Nebenwirkungen? (Gesundheitsstadt-Berlin.de)
- Presseschau: Cannabis-Therapie: Letzte Hoffnung für kranke Kinder (Deutschlandradio Kultur)
- Presseschau: "Ein vielfältig wirksames Arzneimittel" (Südwest Presse)
Presseschau: Marihuana in Wohnung gezüchtet: Amtsgericht spricht Schmerzpatient frei (Rundblick Unna.de)
Kürzlich wurde Andreas Wieczorek vom Vorwurf des illegalen Cannabisanbaus freigesprochen. Aufgrund seiner schweren Erkrankung, die mit anderen Therapieverfahren nicht ausreichend behandelt werden kann, liege ein rechtfertigender Notstand vor und kein illegales Tun. Herr Wieczorek besitzt zudem mittlerweile eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten durch die Bundesopiumstelle.
„Ein Mann züchtet Marihuana in seiner Wohnung, wird von seinem Nachbarn angezeigt, angeklagt – und freigesprochen. Mit einer faustdicken Überraschung endete am Amtsgericht ein Drogenprozess. Die Richter sprachen den angklagten Sozialhilfeempfänger frei.
Laut dem Gerichtsbericht des WDR-Reporters hatte der Angeklagte erwiesenermaßen Hanfpflanzen mit dem Cannabis-Wirkstoff THC in seiner Wohnung gezogen. Aber nicht aus Jux und Tollerei bzw. um sich aus Spaß an der Freude zuzudröhnen. Nein: Der 46Jährige ist chronischer Schmerzpatient und leidet seit vielen Jahren an Diabetes und Bandscheibenproblemen – und er ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt.“
Marihuana in Wohnung gezüchtet: Amtsgericht spricht Schmerzpatient frei
Ein Mann züchtet Marihuana in seiner Wohnung, wird von seinem Nachbarn angezeigt, angeklagt – und freigesprochen. Mit einer faustdicken Überraschung endete am Amtsgericht ein Drogenprozess. Die Richter sprachen den angklagten Sozialhilfeempfänger frei.
Laut dem Gerichtsbericht des WDR-Reporters hatte der Angeklagte erwiesenermaßen Hanfpflanzen mit dem Cannabis-Wirkstoff THC in seiner Wohnung gezogen. Aber nicht aus Jux und Tollerei bzw. um sich aus Spaß an der Freude zuzudröhnen. Nein: Der 46Jährige ist chronischer Schmerzpatient und leidet seit vielen Jahren an Diabetes und Bandscheibenproblemen – und er ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt.
Sämtliche herkömmlichen Schmerzmittel können ihm nicht helfen. Die Kosten für eine legale Cannabisversorgung über eine Apotheke waren für den Sozialhilfeempfänger nicht tragbar, schreibt der WDR. Deshalb hatte sich der 46-Jährige zum Selbstanbau entschieden. Dies wiederum bekam ein Nachbar mit – und zeigte den Hilfeempfänger an.
Heute entschieden die Amtsrichter: Der Angeklagte habe die Pflanzen nicht mit kriminellen Hintergedanken gezüchtet, sondern schlicht, weil er seine schlimmen Schmerzen unter Kontrolle bringen wollte. Damit ist ein sogenannter „rechtfertigender Notstand“ erfüllt. Und darum bekommt der Schwerkranke nun auch alle beschlagnahmten Drogen und Anbauutensilien wieder zurück – um weiter unbehelligt in seiner Wohnung schmerzstillende Marihuanapflänzchen anzubauen.
Presseschau: Cannabiszüchter freigesprochen (WDR)
Auch der WDR berichtete über den Freispruch von Andreas Wieczorek.
Cannabiszüchter freigesprochen
Ein Drogenprozess in Unna ist am Donnerstag (30.07.2015) mit einer Überraschung zu Ende gegangen: Das Amtsgericht hat einen Züchter von Marihuana freigesprochen. Der Mann hatte erwiesenermaßen Hanfpflanzen mit dem Cannabis-Wirkstoff THC in seiner Wohnung gezogen. Seit vielen Jahren leidet der chronische Schmerzpatient an Diabetis, Bandscheibenproblemen und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sämtliche herkömmlichen Schmerzmittel könnten ihm nicht helfen. Die Kosten für eine legale Cannabisversorgung über eine Apotheke seien für ihn als Sozialhilfeempfänger nicht tragbar. Deshalb hatte sich der 46-Jährige zum Selbstanbau entschieden. Ein Nachbar hatte den Mann angezeigt. Die Richter entschieden am Donnerstag: Der Anlass zur Drogenzucht sei kein krimineller gewesen, sondern ein sogenannter rechtfertigender Notstand. Jetzt müssen ihm alle beschlagnahmten Drogen und Anbauutensilien wieder ausgehändigt werden.
Antwort der Bundesregierung: Keine statistische Erfassung von Lieferengpässen bei Cannabis als Medikament möglich
In einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage von Frank Tempel (Die Linke) weist diese darauf hin, dass es keine quantitative Erfassung von Lieferengpässen bei der Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Cannabisblüten gibt. Zudem gibt es keine Erfassung des Gesamtbedarfs an Cannabisblüten. Es sind daher Zweifel angebracht, ob eine adäquate Planung der Verantwortlichen hinsichtlich des Bedarfs an Cannabisblüten in Zukunft dazu führen wird, dass betroffene Patienten einen regelmäßigen Zugang zu ihrem Medikament erhalten werden, wie dies bei anderen Medikamenten der Fall ist.
Antwort der Bundesregierung: Keine statistische Erfassung von Lieferengpässen bei Cannabis als Medikament möglich
Immer wieder Berichten Patientinnen und Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis über teils massive Lieferengpässe. Der Bundesregierung liegen jedoch keine statistisch erfassten Lieferengpässe vor (vgl.Drs. 18/4315, Frage 26), obwohl Ärztinnen und Ärzte, Apotheken, Patientinnen und Patienten sowie die am Import von Cannabis beteiligten Firmen regelmäßig Auskunft beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über die beantragten und verwendeten Mengen Cannabis geben müssen. Frank Tempel wollte daher erfahren, was die Bundesregierung eigentlich daran hindert, die verschiedenen Daten zur Vermeidung zukünftiger Lieferengpässe im Interesse der Patientinnen und Patienten zusammenzuführen.
Bundesregierung erhebt Daten – und führt sie nicht zusammen
Unverständlicherweise lassen sich aus den Daten nach Aussage der Bundesregierung keine Aussagen oder Prognosen über Lieferengpässe ermitteln, auch wenn der Bundesregierung Hochrechnungen des potentiellen Bedarfs sowie Daten des importierten und tatsächlich erworbenen Cannabis vorliegen. Durch eine vorausschauende Planung aller in der Lieferkette beteiligten Akteure ließen sich nach Aussage der Bundesregierung aber Lieferengpässe vermeiden.
„Dabei hat die Bundesregierung selbst verpennt, die rechtlichen Voraussetzungen für eine funktionierende Lieferkette zu schaffen, weil die Importe aus den Niederlanden nicht immer den Bedarf an Cannabis in Deutschland decken“, kritisiert Frank Tempel bezugnehmend auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage aus dem Frühjahr. „Noch immer ist die Gesundheitspolitik im Bereich Cannabis ideologisch motiviert. Statt einer funktionierenden Versorgung geht es der Bundesregierung lediglich darum, den legalen Betäubungsmittelverkehr auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen. Das geht auf Kosten der Patientinnen und Patienten.“
Cannabis als Medizin: Reformbedarf in Deutschland
DIE LINKE im Bundestag tritt dafür ein, Cannabis sowie enthaltene Inhaltsstoffe vollständig in Anlage III des Bundesbetäubungsmittelgesetzes (BtMG) zu übertragen, sodass Cannabis verkehrs- und verschreibungsfähig wird.
Die Anforderungen für die Erteilung von Genehmigungen nach § 3 Abs. 2 BtMG etwa zur medizinischen Verwendung müssen schnellstmöglich so herabgesetzt werden, dass Menschen, die an einer schweren Krankheit leiden, auch wirklich im Regelfall Cannabis oder Cannabinoide in der aus medizinisch-fachlicher Sicht am besten geeigneten Form beziehen können. Die anfallenden Kosten müssen durch die Krankenkassen übernommen werden.
Um die Versorgungssicherheit für die Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, muss schnellstmöglich der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht werden. Gemäß Suchtstoff-Abkommen der Vereinten Nationen ist dafür eine Nationale Cannabis-Agentur zu gründen.
In Zusammenarbeit mit den Ländern müssen Inhaberinnen und Inhaber einer Besitzerlaubnis bei polizeilichen Kontrollen vor weiterer Verfolgung und Verurteilung geschützt werden. Das gilt insbesondere für Kontrollen im Straßenverkehr, soweit die Verkehrssicherheit im Einzelfall nicht beeinträchtigt wurde.
Auf Ebene der EU muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Inhaberinnen und Inhaber einer Besitzerlaubnis für Cannabis ihre Medizin auch bei Reisen ins Ausland mitnehmen können, ohne vor Strafverfolgung und Verurteilung bedroht zu werden.
Presseschau: LKA verschickt Schreiben an Polizisten: Das ist die Lizenz zum Kiffen (Bild-Zeitung)
Die Bild-Zeitung berichtete über ein Schreiben des LKA Berlin an Polizisten, damit diese korrekt mit Patienten umgehen können, die eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten besitzen.
„Das Landeskriminalamt (LKA) hat für seine Kollegen jetzt einen Leitfaden erstellt, in dem genau erklärt wird, wann das Rauchen von Cannabis legal ist. Hintergrund war die Beschlagnahme von Cannabis eines ADHS-Patienten.
Am 14. Mai fand im Görlitzer Park (Kreuzberg) das „2. Große Solidaritäts-Kiff-Inn“ statt. Vor den Augen der Polizeibeamten zündete sich Teilnehmer Pino W. (29) einen Joint an und wurde prompt kontrolliert.
Doch W. zückte seine medizinische Ausnahmegenehmigung. Demnach darf er gemäß der „Bundesopiumstelle“ beim Bundesinstitut für Arzneimittel legal Cannabis rauchen. Die Polizisten waren offenbar verunsichert, sie beschlagnahmten das Cannabis von Pino W. – zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellte.“
LKA verschickt Schreiben an Polizisten: Das ist die Lizenz zum Kiffen
Das Landeskriminalamt (LKA) hat für seine Kollegen jetzt einen Leitfaden erstellt, in dem genau erklärt wird, wann das Rauchen von Cannabis legal ist. Hintergrund war die Beschlagnahme von Cannabis eines ADHS-Patienten.
Am 14. Mai fand im Görlitzer Park (Kreuzberg) das „2. Große Solidaritäts-Kiff-Inn“ statt. Vor den Augen der Polizeibeamten zündete sich Teilnehmer Pino W. (29) einen Joint an und wurde prompt kontrolliert.
Doch W. zückte seine medizinische Ausnahmegenehmigung. Demnach darf er gemäß der „Bundesopiumstelle“ beim Bundesinstitut für Arzneimittel legal Cannabis rauchen. Die Polizisten waren offenbar verunsichert, sie beschlagnahmten das Cannabis von Pino W. – zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellte.
Die Berliner Polizisten erhielten kürzlich eine dreiseitige „Mitarbeiterinformation“. Aus ihr geht klar hervor, was der legale Kiffer bei Kontrollen vorweisen muss:
► Die Erlaubnis mit Name, Kiffer-Nummer, Name des betreuenden Arztes (und dessen Erklärungsbogen), Erwerbserlaubnis, Name des erworbenen Stoffes (Bedrocan, Bedica, Bedrobinol, Bediol) und die „Bezugsquelle“.
► Nur eines bleibt offen: Es gibt keine Einschränkung, wo das Cannabis konsumiert werden darf. Laut Bundesinstitut werde aber eine „diskrete, nicht provozierende Anwendung“ erwartet.
Wer sich nicht daran hält, muss mit „gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen“ wie einem Platzverweis rechnen, heißt es in dem internen Polizeischreiben.
Presseschau: Weil er Cannabis gegen Schmerzen nahm: Schwerkranker landet vor Gericht (Bild Hannover)
Leider werden immer noch Patienten mit Geldstrafen oder sogar Freiheitsentzug bestraft, wenn sie Cannabis zu medizinischen Zwecken einsetzten. Immerhin wird die medizinische Verwendung meistens strafmildernd berücksichtigt. So auch bei einem Schmerzpatienten aus Hannover, der wegen illegalen Cannabisbesitzes zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Das im Zeitungsbericht genannte „salomonische“ Urteil ist keineswegs salomonisch. Es ist unerträglich, dass Patienten immer noch strafrechtlich verfolgt werden.
„Darf ein Schwerkranker seine Schmerzen mit Haschisch betäuben?
Darum ging es gestern im Kern vorm Schöffengericht.
Auf der Anklagebank: Rollstuhl-Fahrer Tomas S. (43). Seit 1992 nach einem Badeunfall querschnittsgelähmt, später Spastiker.
In seiner Wohnung (Südstadt) wurden 14 Cannabis-Pflanzen und 30 Setzlinge entdeckt.
Der wegen Rauschgiftbesitzes bereits vorbestrafte Schwerbehinderte: „Ich habe ständig starke Schmerzen und Krampfanfälle. Cannabis ist das einzige Schmerzmittel, das mir wirklich hilft.“
Weil er Cannabis gegen Schmerzen nahm: Schwerkranker landet vor Gericht
Darf ein Schwerkranker seine Schmerzen mit Haschisch betäuben?
Darum ging es gestern im Kern vorm Schöffengericht.
Auf der Anklagebank: Rollstuhl-Fahrer Tomas S. (43). Seit 1992 nach einem Badeunfall querschnittsgelähmt, später Spastiker.
In seiner Wohnung (Südstadt) wurden 14 Cannabis-Pflanzen und 30 Setzlinge entdeckt.
Der wegen Rauschgiftbesitzes bereits vorbestrafte Schwerbehinderte: „Ich habe ständig starke Schmerzen und Krampfanfälle. Cannabis ist das einzige Schmerzmittel, das mir wirklich hilft.“
Professor Dr. Klaus Böker (59): „Er war bei mir in Behandlung. Wenn ich Cannabis verschreiben dürfte, ich hätte es getan!“
Problem: Tomas S. hat sich nie um Cannabis als Medizin bemüht, was in Ausnahmefällen in Deutschland erlaubt ist. Der Staatsanwalt forderte sechs Monate Haft. Verteidiger Jan van Lengerich plädierte auf Freispruch.
Richter Ulrich Kleinert salomonisch: 1500 EURo Geldstrafe wegen Besitzes und Anbaus von Cannabis
Presseschau: Cannabis bald ohne Nebenwirkungen? (Gesundheitsstadt-Berlin.de)
In der pharmazeutischen Industrie gibt es ein großes Interesse an Substanzen, die das Endocannabionidsystem beeinflussen, ohne die bekannten cannabistypischen psychischen Effekte zu verursachen.
„Cannabis hat therapeutische Effekte, aber auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Halluzinationen oder Gedächtnisverlust. Forschern ist es nun gelungen, die Nebenwirkungen auszuschalten und dabei die schmerzlindernde Wirkung aufrechtzuerhalten. Cannabis hat gute und schlechte Eigenschaften. In der Medizin werden Cannaboide zum Beispiel zur Schmerzlinderung eingesetzt. Doch die Marihuana-Pflanze ist in erste Linie eine Droge und kann Angstzustände, Gedächtnisstörungen bis hin zu Halluzinationen erzeugen. Nicht zuletzt deshalb ist der therapeutische Einsatz von Cannabis hierzulande umstritten.
Forscher der britischen University of East Anglia und der spanischen Universität Pompeu Fabra ist es nun gelungen, die medizinischen Eigenschaften von Cannabis von den halluzinogenen Nebenwirkungen zu trennen. Wie die Forscher im Fachmagazin "PLOS Biology" schreiben, sorgt eine Blockierung des Serotonin-Rezeptors 5HT2AR dafür, dass bestimmte unerwünschte Nebenwirkungen ausbleiben. Dabei hat sich gezeigt, dass diese Hemmung keinen Einfluss auf die schmerzlindernde Wirkung hat.“
Cannabis bald ohne Nebenwirkungen?
Cannabis hat therapeutische Effekte, aber auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Halluzinationen oder Gedächtnisverlust. Forschern ist es nun gelungen, die Nebenwirkungen auszuschalten und dabei die schmerzlindernde Wirkung aufrechtzuerhalten. Cannabis hat gute und schlechte Eigenschaften. In der Medizin werden Cannaboide zum Beispiel zur Schmerzlinderung eingesetzt. Doch die Marihuana-Pflanze ist in erste Linie eine Droge und kann Angstzustände, Gedächtnisstörungen bis hin zu Halluzinationen erzeugen. Nicht zuletzt deshalb ist der therapeutische Einsatz von Cannabis hierzulande umstritten.
Forscher der britischen University of East Anglia und der spanischen Universität Pompeu Fabra ist es nun gelungen, die medizinischen Eigenschaften von Cannabis von den halluzinogenen Nebenwirkungen zu trennen. Wie die Forscher im Fachmagazin "PLOS Biology" schreiben, sorgt eine Blockierung des Serotonin-Rezeptors 5HT2AR dafür, dass bestimmte unerwünschte Nebenwirkungen ausbleiben. Dabei hat sich gezeigt, dass diese Hemmung keinen Einfluss auf die schmerzlindernde Wirkung hat.
THC verursacht psychoaktive Effekte
Delta-9-tetrahydrocannabinol (THC) ist die Substanz, die Marihuana ihre psychoaktive Wirkung verleiht. THC verursacht zahlreiche unerwünschte Wirkungen wie Angstzustände und Gedächtnisstörungen, gleichzeitig hat es jedoch auch therapeutische Effekte. Dazu zählen Schmerzlinderung und Muskelentspannung. Wie es zu den widersprüchlichen Effekten kommt, ist bislang nicht annähernd verstanden.
Blockierten die Forscher in Mäusen den Serotonin-Rezeptors 5HT2AR, zeigte sich dass, die guten und die schlechten Eigenschaften unabhängig voneinander sind. So verschwand die Amnesie, während die schmerzlindernde (analgetische) Wirkung erhalten blieb.
Neuer Mechanismus entdeckt
„Unsere Ergebnisse zeigen einen neuen Mechanismus auf, der es ermöglicht, die analgetische Wirkung von THC von den kognitiven Effekten abzukoppeln“, so Peter McCormick von der UEA.
In molekularen Experimenten konnten die Wissenschaftler zeigen, dass in bestimmten Hirnregionen, die für das Gedächtnis zuständig sind, die Rezeptoren für THC und 5-HT2A zusammenarbeiten. Der Eingriff in das Geschehen konnte den THC-induzierten Gedächtnisverlust verhindern, nicht jedoch das Ausschalten von Schmerz.
In Deutschland soll es Cannabis zur Schmerzlinderung nach dem Willen Drogenbeauftragten der Bundesregierung ab dem kommenden Jahr auf Rezept geben. Unter Schmerzmedizinern ist der Einsatz von sogenannten Cannabinoiden jedoch umstritten. Denn nach derzeitigem Wissens- und Erfahrungsstand sind die Substanzen aus der Hanfpflanze nur bei einzelnen ausgewählten Schmerzpatienten ausreichend wirksam. Bei der Mehrheit der chronischen Schmerzpatienten zeigen Cannabinoide allenfalls eine geringe bis mäßige Schmerzlinderung, sodass Cannabinoide anderen bisher gebräuchlichen Schmerzmitteln nicht überlegen sind.
Presseschau: Cannabis-Therapie: Letzte Hoffnung für kranke Kinder (Deutschlandradio Kultur)
Das Deutschlandradio Kultur berichtete über Erfahrungen aus den USA zur erfolgreichen Medikation von Kindern mit Epillepsie, die auf übliche Medikamente nicht ansprechen, mit Cannabisprodukten.
„Hanf ist nicht nur ein Rauschmittel, sondern eine Heilpflanze. Nach der Therapie mit Cannabis-Öl schafften es Kinder, den Rollstuhl zu verlassen oder epileptische Anfälle zu reduzieren. Doch wer es in den USA kauft, muss mit Konsequenzen rechnen.
"Ich bin eine Mutter und benutze Cannabis für meinen Sohn. Er ist 15 Jahre alt und wir brauchen kein Gesetz, das uns es verbietet. Jeder soll Zugang zur Hanf-Pflanze haben. Nicht nur wir in Colorado. Deswegen setzen wir uns für eine bundesweite Legalisierung ein."
Eine Mutter benutzt Cannabis für ihren Sohn. Das klingt erstmal skurril, zumal ich beim größten Marihuana-Festival der USA bin.“
Cannabis-Therapie: Letzte Hoffnung für kranke Kinder
Hanf ist nicht nur ein Rauschmittel, sondern eine Heilpflanze. Nach der Therapie mit Cannabis-Öl schafften es Kinder, den Rollstuhl zu verlassen oder epileptische Anfälle zu reduzieren. Doch wer es in den USA kauft, muss mit Konsequenzen rechnen.
"Ich bin eine Mutter und benutze Cannabis für meinen Sohn. Er ist 15 Jahre alt und wir brauchen kein Gesetz, das uns es verbietet. Jeder soll Zugang zur Hanf-Pflanze haben. Nicht nur wir in Colorado. Deswegen setzen wir uns für eine bundesweite Legalisierung ein."
Eine Mutter benutzt Cannabis für ihren Sohn. Das klingt erstmal skurril, zumal ich beim größten Marihuana-Festival der USA bin.
Aber Wendy Turner ist nicht am Kiffen interessiert. Sie hat nie in ihrem Leben geraucht und bis vor einem Jahr war Cannabis für sie eine Einstiegsdroge. Bis die Krankheit ihres Sohnes sie mit der Hanf-Pflanze zusammenführte. Coltyn leidet an einer schweren Darmerkrankung, die sie mit Cannabis-Öl behandelt:
"Wir hatten alle Medikamente ausprobiert. Die Nebenwirkungen waren furchtbar. Coltyn war am Ende, saß nur im Rollstuhl oder auf der Couch. 24 Stunden am Tag. Zu Fünft haben wir unser Hab und Gut gepackt und sind nach Colorado gezogen. Vier Monate später, ist Coltyn bis auf die Spitze der Blue Mountain geklettert. Das war das erstaunlichste, was ich jemals erlebt habe."
Seitdem Coltyn ein paar Tropfen Öl unter seine Zunge träufelt, braucht er keinen Rollstuhl mehr. Er ist ein normaler Teenager geworden, geht zur Mall, hängt mit seinen Freunden rum. Die Geschichte von Wendy Turner berührt mich. Die ganze Familie hat ihr Zuhause verlassen, nur damit Coltyn Zugang zum Cannabis-Öl haben darf. Das wird in Denver produziert, und sie sind nicht die einzigen medizinischen Flüchtlinge in Colorado.
Patienten, Familien und Ärzte berichten von positiven Ergebnissen
Seit der Legalisierung, hat sich beim medizinischen Hanf viel getan. Bisher gibt es keine Studien über den Einsatz von Öl, doch Patienten, Familien und Ärzte berichten von positiven Ergebnissen. Auch bei epilepsiekranken Kindern. Das "Charlottes Web"-Öl wurde nach der ersten Patientin genannt. Charlottes Mutter, Paige Figi, war kurz davor, ihr Kind zu verlieren:
"Sie war fünf Jahre alt und ich hatte alles andere ausprobiert. Charlotte war permanent in einem katatonischen Zustand. Mit der ersten Dosis wurden Charlottes epileptische Anfälle schlagartig reduziert. Alle 30 Minuten hatte sie einen Anfall, bis zu 1.200 pro Monat. Heute sind es nur zwei pro Monat. Alleine durch das Cannabis-Öl, das sie seit drei Jahren nimmt. Und keine anderen Medikamente."
Von 1.200 auf zwei Anfälle pro Monat. Durch ein paar Tropfen Cannabis-Öl. Wie geht das?
"Charlottes Web" enthält einen hohen Anteil an CBD, Cannabidiol. Dieser Wirkstoff wird von bestimmten Rezeptoren im Körper aufgenommen und wirkt nachweislich entspannend und entzündungshemmend. Dadurch hilft CBD bei vielen Krankheiten, wie Krebs, Multiple Sklerose und Epilepsie. Die psychoaktive Substanz, die Rauschzustände bewirkt, heißt THC. Davon enthält Charlottes Web weniger als 0,3 Prozent, und gilt damit als Ernährungszusatz. Denn selbst wenn einzelne Staaten Cannabis legalisieren, stellt das US-Bundesgesetz immer noch Heroin und Cannabis gleich. Also hat nicht jeder Zugang dazu.
Das sei inakzeptabel, sagt Paige Figi. Sie kämpft darum, den Status der Hanf-Pflanze im Bundesgesetz ändern zu lassen.
"Hier geht es um ein Menschenrecht. Ich konsumiere kein Marihuana, ich will es nicht als Genussmittel durchsetzen. Es ist ein Hanf- und CBD-Gesetzentwurf. Ich kämpfe für ein kleines, krankes Lebewesen, das alleine nicht kämpfen kann. Ich bin hier nur für mein Kind."
Viele Familien sind extra für das Öl nach Colorado gezogen
Es fällt schwer, Kinder und Cannabis miteinander in Verbindung zu bringen. Obwohl es eine medizinische Pflanze ist. Unter "Realm of Caring" einem Non-Profit Netzwerk, versammeln sich circa 2.000 Familien. 500 davon sind extra nach Colorado gezogen, aus den USA, aber auch aus Spanien oder Südafrika. Alle anderen nehmen das Cannabis-Öl mit nach Hause.
Das ist nicht nur illegal, sondern strafbar. Für manche ist es aber die letzte Hoffnung. Auch für einige Deutsche, sagt Heather Jackson, Gründerin von Realm of Caring:
"Wenn das Cannabis-Öl in Deutschland nicht verfügbar ist, dann haben sie keine andere Option. Ich kann ihre Entscheidung nachvollziehen, das Öl mitzunehmen. Wir betreiben eine 'frag nicht, sag nichts' Politik. Aber ich weiß, den Kindern geht es besser. Und ich bin froh darüber, wenn es so ist."
Ganz schön riskant, zumal das Cannabis-Öl nicht bei allen Kindern anschlägt. Doch täglich kommen neue Mitglieder dazu. Krebs- und Schmerzpatienten, Kinder so wie Erwachsene. Solange Cannabis verboten ist, wird die klinische Erforschung der Pflanze immer wieder erschwert. Sogar in den USA, wo medizinisches Marihuana in der Hälfte der Landes zugelassen ist.
Auf meiner Rückreise nach EURopa, frage ich mich: Wie viele Eltern, haben schon mal in diesem Flieger Angst gehabt, erwischt zu werden? Dabei geht es um den Zugang zu einer Pflanze, die anscheinend mehr zu bieten hat als den Rausch.
Presseschau: "Ein vielfältig wirksames Arzneimittel" (Südwest Presse)
Die Südwest Presse führte ein Interview mit Dr. Franjo Grotenhermen über das medizinische Potenzial von Cannabisprodukten.
„Arzt und Patient sollten in Zukunft entscheiden dürfen, wann sie Cannabis einsetzen, um schwere Leiden zu lindern, sagt Dr. Franjo Grotenhermen. Er ist Vorsitzender des Arbeitskreises Cannabis als Medizin. Herr Dr. Grotenhermen, was weiß man heute über die Wirkung von Cannabis als Medizin?
GROTENHERMEN: Cannabis kann schmerzlindernd, muskelentspannend, entzündungshemmend und appetitsteigernd wirken. Allerdings gibt es nur für wenige Erkrankungen auch klinische Studien - etwa für Spasmen bei MS oder das Tourette-Syndrom. Im Gegensatz zu anderen Arzneien ist Cannabis aber so vielfältig wirksam, dass wir nicht erwarten können, in nächster Zeit für alle möglichen Indikationen klinische Studien zu bekommen.“
"Ein vielfältig wirksames Arzneimittel"
Arzt und Patient sollten in Zukunft entscheiden dürfen, wann sie Cannabis einsetzen, um schwere Leiden zu lindern, sagt Dr. Franjo Grotenhermen. Er ist Vorsitzender des Arbeitskreises Cannabis als Medizin. Herr Dr. Grotenhermen, was weiß man heute über die Wirkung von Cannabis als Medizin?
GROTENHERMEN: Cannabis kann schmerzlindernd, muskelentspannend, entzündungshemmend und appetitsteigernd wirken. Allerdings gibt es nur für wenige Erkrankungen auch klinische Studien - etwa für Spasmen bei MS oder das Tourette-Syndrom. Im Gegensatz zu anderen Arzneien ist Cannabis aber so vielfältig wirksam, dass wir nicht erwarten können, in nächster Zeit für alle möglichen Indikationen klinische Studien zu bekommen.
Was folgt für Sie daraus?
GROTENHERMEN: Es muss reichen, wenn Patienten und Ärzte nachvollziehbar von einer deutlichen Linderung der Symptome berichten. Entweder die Patienten entdecken es selbst oder wir wissen es aus Ländern, in denen Cannabis regulär eingesetzt wird, wie in den Niederlanden, Israel und Kanada.
Bei welchen Krankheiten wird Cannabis hierzulande verwendet?
GROTENHERMEN: Es gibt in Deutschland etwa 500 Menschen, die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Behandlung mit Cannabis beantragt und genehmigt bekommen haben, weil bei ihnen alle anderen Therapien versagt haben. Sie können sich Cannabis in der Apotheke holen. Behandelt werden 70 verschiedene Erkrankungen - Schmerzerkrankungen wie Migräne oder Rückenleiden, chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Rheuma, psychiatrische Erkrankungen wie Angststörungen oder ADHS. Aber auch Appetitlosigkeit oder Reizdarm.
Warum wirkt Cannabis so vielfältig?
GROTENHERMEN: Es enthält den Wirkstoff THC, der die Aktivität aller Neurotransmitter hemmt, also der Botenstoffe, welche die Erregung einer Nervenzelle auf andere Zellen übertragen. Das heißt: Da, wo zu viel Aktivität in Schmerzregelkreisen vorhanden ist, wird diese gehemmt. Da, wo zu viel Muskelanspannung besteht, wird sie verringert. Da, wo zu viel Aktivität von Botenstoffen existiert, die Übelkeit vermitteln, wird Aktivität gedämpft.
Zahlen die Krankenkassen die Kosten für das Cannabis-Medikament?
GROTENHERMEN: Nein, in der Regel nicht. Für die Patienten ist das eine enorme finanzielle Belastung - bis zu 1000 EURo im Monat.
Das Gesundheitsministerium plant für 2016, Cannabis für Schwerkranke zur Kassenleistung zu machen. Wie müsste die Regelung Ihrer Ansicht nach aussehen?
GROTENHERMEN: Ich vermute, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen dann überprüfen soll und wird, ob Cannabis als Arznei verwendet werden darf, weil kein anderes Medikament wirkt. Ich finde aber, das sollten Arzt und Patient entscheiden. Ich habe Patienten, denen helfen Opiate gegen ihre Schmerzen, aber auch Cannabis. Das geringere Abhängigkeitsrisiko liegt eindeutig bei Cannabis.
Sie meinen also: Warum dem Patienten ein Opiat verschreiben, wenn auch Cannabis wirkt?
GROTENHERMEN: Ja, wir müssen so schnell wie möglich dazu kommen, dass Cannabis ein Medikament wird wie jedes andere. Denn Nebenwirkungen und Suchtpotenzial sind nicht bedenklicher als das vieler anderer Arzneien. Vor allem aber: Es verbessert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich - und das sollte Ziel jeder Therapie sein.
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Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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