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ACM-Mitteilungen vom 20. Juni 2015

Presseschau: Gras als Arznei verleitet Jugendliche nicht zum Kiffen (Zeit Online)

Ein wichtiges Argument von Gegnern der Erlaubnis zur Verwendung von Cannabisprodukten zu medizinischen Zwecken war und ist das „falsche Signal an die Jugend“. Jugendliche könnten die Auffassung gewinnen, dass Cannabis eine harmlose Substanz für sie sei, nur weil sie in der Medizin eingesetzt wird. Dabei wird so getan, als wüssten Jugendliche nicht, dass Substanzen, die medizinisch verwendet werden, häufig mit schweren Nebenwirkungen assoziiert sein können. Eine aktuelle wissenschaftliche Studie aus den USA zeigt nun, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Gesetzen zur medizinischen Verwendung von Cannabis und dem Cannabiskonsum durch Jugendliche gibt.

Was als Medikament erlaubt ist, kann doch als Droge nicht verkehrt sein. Denken junge Menschen in den USA so? Nein, wer wie viel kifft, hängt wohl von anderen Dingen ab.

Für einige Schwerkranke ist der Joint die beste Therapie. Cannabinoide lindern vor allem Schmerzen, zudem können die Hanf-Inhalte womöglich die Therapie vieler weiterer Krankheiten fördern. Doch Kritiker befürchten, die Legalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken könnte sich zu positiv auf das Image der Droge auswirken. Sie könnte dadurch zu harmlos erscheinen und gerade von Jugendlichen häufiger konsumiert werden.

In den USA, wo Cannabis inzwischen in 23 Bundesstaaten zu medizinischen Zwecken verkauft werden darf, wird darüber seit Jahren diskutiert. Nun haben Forscher im Magazin The Lancet Psychiatry in einer umfassenden Studie untersucht, wie sich die Hanf-Gesetzgebung auf das Konsumverhalten von Jugendlichen auswirkt (Hasin et al., 2015). Für junge Menschen, deren Körper sich noch in der Entwicklung befindet, ist Kiffen besonders gefährlich: Sehr früher und regelmäßiger Cannabis-Konsum kann bei ihnen zu Entwicklungsstörungen sowie psychischen und kognitiven Schäden führen. (…)

In den Staaten, in denen heute medizinisches Cannabis erlaubt ist, kiffen Jugendliche tatsächlich häufiger – allerdings war das in diesen Staaten auch schon so, bevor die entsprechende Regelung eingeführt wurde. Es kann also nicht das Gesetz sein, welches das Verhalten der Jugendlichen beeinflusst. Vielmehr scheint es abhängig vom Bundesstaat Faktoren zu geben, die sich sowohl auf die Cannabis-Gesetzgebung als auch auf die Gewohnheiten der Jugendlichen auswirken. (…)“

Gras als Arznei verleitet Jugendliche nicht zum Kiffen

Presseschau: Umfrage-Ergebnis: Deutsche möchten Patienten Zugang zu Cannabis erleichtern (Spiegel Online)

Der Spiegel widmete der medizinischen Verwendung von Cannabis sowie seinem Freizeitkonsum einen umfangreichen Schwerpunkt. Eine respräsentative Umfrage ergab, dass sich 90 Prozent der Bundesbürger für Verbesserungen beim Zugang zu Cannabisprodukten für therapeutische Zwecke aussprechen.

Die übergroße Mehrheit der Deutschen fordert eine Cannabis-Freigabe für Kranke, das hat eine SPIEGEL-Umfrage ergeben. Für Betroffene gibt es derzeit kaum einen legalen Zugang zu der Droge.

Marihuana vom Arzt? Genau dafür haben sich 90 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Infratest-Umfrage für den SPIEGEL ausgesprochen. Für deutsche Patienten ist es bislang schwierig bis unmöglich, auf legalem Weg an Marihuana heranzukommen.

Die Bundesopiumstelle hat demnach bisher im ganzen Land nur 449 Kranken eine Erlaubnis zum Bezug von Medizinalhanf aus der Apotheke erteilt. In Israel haben mehr als 20.000, in Kanada schon mehr als 50.000 Patienten eine solche Genehmigung. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)“

Umfrage-Ergebnis: Deutsche möchten Patienten Zugang zu Cannabis erleichtern

Presseschau: Doktor Dope (Der Spiegel)

Der Spiegel berichtete auf sechs Seiten über die weltweiten Entwicklungen zum Thema Cannabisprohibition, insbesondere in den USA und Deutschland. Dabei kamen auch ACM-Mitglieder (Dr. Franjo Grotenhermen, Axel Juncker, Prof. Kirsten Müller-Vahl) und Beiratsmitglied Prof. Lorenz Böllinger zu Wort. Hier einige Auszüge aus dem Artikel.

"Die Ära des weltweiten Haschischverbots geht zu Ende. Deutschland muss seine strikte Prohibition überdenken: Cannabis kann für viele Kranke ein wirksames Medikament sein – und für Erwachsene ein vergleichsweise ungefährliches Rauschmittel.

Frau Zeng spricht leise, fast flüsternd, mit starkem chinesischen Akzent. Wie lange denn die Schlafstörungen schon andauerten? Ein paar Wochen vielleicht, sagt der Kunde. Frau Zeng fragt, ob er denn wirklich das Gefühl habe, Cannabis helfe ihm, leichter einzuschlafen? 'Allerdings', sagt er. Und schon tut die Heilpraktikerin das, was sie immer tut, ganz gleich, wie die Beschwerden lauten. Sie stellt ein Cannabisrezept aus. Das Papier von Frau Zeng berechtigt zum sofortigen Bezug von 'medizinischem Cannabis' in jeder Form, gleich hier in der Canna Clinic. Hinter der Theke stehen die Einmachgläser, gefüllt mit den dunkelgrünen Pflanzenballen (…). So geht es derzeit zu in Vancouver, Kanada. Wer die pseudomedizinische Befragung über sich ergehen lässt, kann hier so viel Cannabis kaufen, wie er will. Die Stadt zählt rund 600.000 Einwohner und mindestens 80 Fachgeschäfte für Hasch, von denen kein einziges nach kanadischem Recht legal ist."
(…)

"Noch will die Mehrheit der Deutschen (59 %) festhalten am strikten Verbot von Cannabis wie eine aktuelle Spiegel-Umfrage zeigt. Dennoch, die Prohibition verliert hier ebenfalls rapide an Unterstützung – vor allem unter den Jüngeren und den höher Gebildeten. Grüne, Linkspartei und FDP haben sich bereits für die Legalisierung ausgesprochen. Städte wie Hamburg, Köln, Berlin und Frankfurt streben eine kontrollierte Freigabe an, um so ihre Drogenschwarzmärkte in den Problemvierteln auszutrocknen."
(…)

"Seit Jahrtausenden hat Cannabis einen festen Platz in der Apotheke der Menschheit. Forscher haben inzwischen bestätigt, was Heiler schon ewig wissen: Hanf wirkt schmerzmindernd, muskelentspannend, appetitanregend, entzündunghemmend, stimmungsaufhellend. (…) Ganz gleich, ob die Medizin hilft, sie ist verboten. 90 % der Deutschen, das hat die Spiegel-Umfrage ergeben, möchte diesen Missstand sofort beenden: Cannabis solle für jeden verfügbar sein, wem es nützt, doch die Realität sieht anders aus.
Nach einer Tumorerkrankung konnte Robert Strauss aus Augsburg seine Schmerzen in der Wirbelsäule nur noch mit Cannabis lindern. Von der Bundesopiumstelle erhielt er im Februar 2014 eine der hierzulande äußerst seltenen Ausnahmegenehmigungen zum Bezug von Cannabis aus der Apotheke. Diese legte er der Augsburger Polizei vor. Trotzdem machten ihm die Beamten, so erzählte er der "Süddeutschen Zeitung", seither das Leben zur Hölle. Auf der Straße wurde er vielfach angehalten und angewiesen, seine Taschen zu lehren. An einem Septemberabend stürmte die Polizei seine Wohnung und beschlagnahmte das genehmigte Cannabis wie auch die Pflanze, die er in der Küche stehen hatte. Diese brachte ihm ein Ermittlungsverfahren wegen illegalen Besitzes und Verdachts auf Drogenhandel ein. Strauss hatte daraufhin keine Medizin mehr. Er musste ausweichen auf rezeptpflichtige Schmerzmittel, doch anders als Cannabis machten die ihn schläfrig. Die Folge: er stürzte, und davon hat sich Robert Strauss nicht mehr erholt. Im Januar ist er 50-jährig gestorben – ein Opfer der deutschen Drogenpolitik."
(…)

"Die Bundesopiumstelle hat bisher nur 449 Kranken den Bezug von Medizinalhanf gestattet, eine Zahl, die eine eklatante Unterversorgung vermuten lässt. Franjo Grotenhermen, Arzt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, hat die internationalen Daten hochgerechnet; er stellt fest, dass Zehntausende, vielleicht sogar bis zu 1,6 Millionen deutsche Patienten von Hanf gesundheitlich profitieren könnten. Der Bundesregierung mit ihrer Verweigerungshaltung wirft er "massenhafte, langjährige unterlassene Hilfeleistung" vor.
Die wenigen, die eine Cannabisgenehmigung ergattern, durchleben dann Situationen von kafkaeskem Irrsinn. Der einzige Hersteller, eine niederländische Firma mit staatlicher Lizenz hat seit über einem Jahr chronische Lieferprobleme. "Ganz selten kommt da mal etwas an", sagt Axel Juncker von der Insel Sylt, 62, stellvertretender Sprecher des Selbsthilfenetzwerks Cannabis Medizin.
Und selbst wenn der Nachschub funktioniert: die gesetzlichen Krankenkassen verweigern meist die Kostenübernahme bei Cannabis, das in therapeutischer Form monatlich Hunderte EURo kosten kann.
Viele Schwerkranke können sich also ihre ärztlich verordnete Medizin nicht leisten, die sie trotz behördlicher Genehmigung auch gar nicht kaufen können. Es bleibt ihnen nur, Marihuana selbst anzubauen oder auf der Straße zu kaufen. Beides macht sie zu Kriminellen."
(…)

"Die Entdeckung des Endocannabinoid-Systems hat die Hypothese untermauert, dass manche neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen auf eine Unterproduktion von Endocannabinoiden zurückgehen – und daher mit Hanfprodukten auf bestmögliche Weise zu behandeln wären.
Welche genau? 'Das ist noch nicht bekannt', sagt Kirsten Müller-Vahl, Professorin für Psychiatrie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Doch sie hat Vermutungen: einzelne Fälle von Schizophrenie zum Beispiel, ebenso die Aufmerksamkeitsstörung ADHS oder das Tourette-Syndrom, eine Erkrankung, die zu quälenden Tics führt.
Seit Jahren behandelt die Ärztin ihre schlimmsten Tourette-Fälle, bei denen sonst nichts mehr hilft, erfolgreich mit Medikamenten auf Cannabisbasis. Viele ihrer Patienten halten sie für wirksamer als die sonst üblichen Neuroleptika – bei weniger Nebenwirkungen.
Müller-Vahl hat kein Verständnis dafür, dass Deutschland die Droge immer noch dämonisiert. Dabei sei zumindest für Erwachsene 'das Risiko der Selbstschädigung durch Cannabis gering'. In vielerlei Hinsicht sei die Substanz sogar besonders sicher, sicherer als viele legale Stoffe."
(…)

"Eine potentielle Selbstschädigung zur Straftat zu machen ist im deutschen Rechtssystem aber ungewöhnlich. 'Man kann ein Verhalten nicht massenhaft kriminalisieren, das nicht fremdschädigend ist', urteilt der Bremer Strafrechtler Lorenz Böllinger, Verfasser einer Petition gegen das Cannabisverbot. Jeder zweite deutsche Strafrechtsprofessor hat die Eingabe vergangenes Jahr unterzeichnet."

Doktor Dope

Presseschau: Israel: Tausende Patienten schwören auf Cannabis-Medikamente (Spiegel Online)

Wie viele andere Medien berichtete Der Spiegel über die im Vergleich zu Deutschland deutlich bessere Versorgung der israelischen Bevölkerung mit Cannabisprodukten.

„Medizinisches Cannabis ist umstritten, in Deutschland gibt es viele Vorbehalte. In Israel erhalten mehr als 20.000 Patienten solche Produkte - darunter auch Kinder.

Es begann, als Jali vier Monate alt war. Der Junge wand sich unter Krämpfen, die Muskeln zuckten. Die epileptischen Anfälle traten in den folgenden Jahren immer wieder auf, oft sogar mehrmals täglich. Um sich nicht zu verletzen, trug das Kind einen Sturzhelm. Die Eltern lebten ständig in Sorge, die beiden Brüder fühlten sich vernachlässigt. "Die Krankheit hat unser ganzes Leben bestimmt", sagt Mutter Jael Bracha.

Heute ist Jali sieben Jahre alt - und symptomfrei. Das verdankt er anscheinend einem Mittel, das vielerorts illegal und überall umstritten ist: Cannabis. Dreimal am Tag bekommt Jali mehrere Tropfen, die die Wirkstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) enthalten. Seit Beginn dieser Therapie habe er keinen einzigen Anfall mehr gehabt, erzählt die Mutter. (…)“

Israel: Tausende Patienten schwören auf Cannabis-Medikamente

Presseschau: Landtag: Cannabis für medizinische Zwecke (Südtirol News, Italien)

Im italienischen Südtirol stimmte das Regionalparlament für den Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke.

„Das Team Autonomie forderte den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in der Laimburg. Cannabis werde in der Medizin vor allem in der Schmerztherapie eingesetzt, zum Beispiel bei Krebsleiden, erklärte Elena Artioli. Das Mittel sei derzeit schwer zu besorgen, weil Deutschland eine große Menge aufkaufe. Daher sollte sich das Land um die Genehmigung zum Anbau in kontrollierten Räumen bemühen.

Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte den Antrag. Eine ähnliche Bestimmung der Region Abruzzen sei vom Staat nicht angefochten worden. Wer Angst vor Missbrauch habe, möge bedenken, dass man auch mit anderen zugelassenen Medikamenten Missbrauch betreiben könne.
Seine Fraktion habe zu Cannabis keine prohibitionistische Haltung, erklärte Hans Heiss (Grüne), und hier gehe es zudem um therapeutischen Einsatz. Er fragte Artioli, warum sie gerade auf die Laimburg komme. (…)“

Landtag: Cannabis für medizinische Zwecke

Presseschau: Cannabinoide als Arzneimittel (Der Arzneimittelbrief)

Der Arzneimittelbrief berichtete in einem zurückhaltenden Artikel über den medizinischen Nutzen von Cannabinoiden. Darin wird behauptet, dass isolierte Wirkstoffe der inhalativen Anwendung von Cannabis aus „medizinisch-pharmakologischer Sicht“ zu bevorzugen seien. „Das ist in dieser allgemeinen Formulierung eine nicht haltbare Behauptung, da sie der ärztlichen Erfahrung widerspricht“, erklärte Dr. Franjo Grotenhermen. „Es gibt Patienten, die mit Dronabinol oder Sativex die besten Erfahrungen machen, aber auch viele, die inhalierte Cannabisblüten bevorzugen und besser dosieren können.“

„Zusammenfassung: Für die meisten potenziellen medizinischen Anwendungsgebiete von Cannabinoiden gibt es derzeit nur wenig Evidenz, so dass eindeutige Empfehlungen kaum möglich sind. Ihre Wirksamkeit ist nur in wenigen Indikationen belegt. Auch wegen ihrer Nebenwirkungen sind sie keine Mittel der ersten Wahl. Ein gewisser therapeutischer Stellenwert von Cannabinoiden könnte vor allem bei palliativmedizinischen Indikationen gesehen werden. Sowohl die Heterogenität der untersuchten Präparate (pflanzlich, extrahiert, teil- bzw. vollsynthetisiert) als auch die unterschiedlichen nationalen Rechtslagen erschweren die dringend erforderlichen Bestrebungen, die Datenlage zu verbessern. Isolierte Wirkstoffe in einer sicher zu dosierenden Arzneiform sind aus medizinisch-pharmakologischer Sicht der inhalativen Applikation von Marihuana zu bevorzugen, aber derzeit nur sehr eingeschränkt verfügbar.“

Cannabinoide als Arzneimittel

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Veranstaltungen 2020

Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.

IACM-Konferenz 2022

Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.

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