ACM-Mitteilungen vom 07. Juni 2008
- Protest vor dem Bundestag wegen Verweigerung der Kostenübernahme für Dronabinol
- Deutsche Presseagentur missversteht Studiendesign einer Untersuchung zum Einfluss starken Cannabiskonsums auf das Gehirn
Protest vor dem Bundestag wegen Verweigerung der Kostenübernahme für Dronabinol
Die Südthüringer Zeitung und andere Medien berichteten von einer Protestaktion einer Schmerzpatientin, der die Krankenkasse die Kostenübernahme für Dronabinol verweigert, vor dem Deutschen Bundestag.
"Scheibe-Alsbach/Berlin - Ute Köhler aus Scheibe-Alsbach (Kreis Sonneberg) kämpft weiter. Sieben Jahre ringt die austherapierte Schmerzpatientin nun schon darum, dass ihre gesetzliche Krankenkasse ein Cannabis-präparat finanziert. Ihre jüngste Aktion: Mit einem Plakat mit der Aufschrift 'Gebt mir meine Medizin!' wollte sie sich vor den Deutschen Bundestag stellen. Gemeinsam mit dem Thüringer CDU-Landtagsabgeordneten Henry Worm hatte sie sich zuvor erkundigt, ob das erlaubt ist. Wenn keine Plenarsitzung stattfindet, gibt es keine Bannmeile, habe man mitgeteilt, erzählt Ute Köhler. Doch kaum hatte sie sich mit Worm und ihren zwei Söhnen vor dem Bundestag aufgestellt, wurde sie von drei Polizisten des Platzes verwiesen. Längst von dort verschwunden, das Plakat unleserlich an einen Baum gelehnt, tauchte plötzlich ein Sondereinsatzkommando auf. 'Die wirkten wie ein Überfallkommando, ganz in Schwarz und schwer bewaffnet', schildert Ute Köhler. Erneut wurde auf die Bannmeile hingewiesen, aus der sich Ute Köhler längst entfernt geglaubt hatte, außerdem hieß es, wegen ihrer Begleiter handele es sich um eine ungenehmigte Demonstration. 'Meine Söhne kamen sich vor wie Terroristen, dabei wollten sie nur ihrer verzweifelten Mutter helfen.' Die Thüringerin ist wütend über den Umgang mit ihr, denn sie hatte mit dem Protest nur die Empfehlung eines Staatsanwaltes umsetzen wollen. Der hatte ihr in einem Verfahren nach einer Selbstanzeige wegen des Besitzes von Hanfpflanzen geraten, lieber mit einem Plakat vor dem Bundestag auf ihre Lage aufmerksam zu machen statt mit dem Anbau verbotener Pflanzen.
Ute Köhler hat damit ihr Ziel immer noch nicht erreicht. Besonders ärgert sie die 'Zweiklassenmedizin': Privatpatienten bekämen das Cannabis-Präparat problemlos finanziert, während Kassenpatienten meist darauf verzichten müssten. Zudem fordert sie die Entkriminalisierung von Cannabis-Patienten - gerade seien zwei Schwerkranke in deutschen Gefängnissen inhaftiert. Nur weil sie ihre wirksamen Medikamente nicht bezahlt bekämen, würden Menschen zu Verbrechern gemacht.
Ihr Protest an Bundeskanzlerin Angela Merkel blieb auch ohne Erfolg: Ihr war wie immer mitgeteilt worden, dass die gesetzlichen Regelungen die Finanzierung nicht zuließen. 'Politiker sind doch dazu da, Gesetze zu ändern', protestiert Ute Köhler. Sie hat sich nun an Bundespräsident Horst Köhler gewandt, außerdem hofft sie weiterhin auf die Hilfe von Ministerpräsident Dieter Althaus. Auch Henry Worm will sie weiter unterstützen. Für die Thüringerin steht fest: 'Es ist eine unterlassene Hilfeleistung, wenn man mir das einzige Mittel verweigert, das mich leben lässt'."
Südthüringer Zeitung vom 28. Mai 2008
Deutsche Presseagentur missversteht Studiendesign einer Untersuchung zum Einfluss starken Cannabiskonsums auf das Gehirn
Die deutsche Presseagentur (dpa) berichtete über die Ergebnisse einer australischen Arbeitsgruppe zu den Auswirkungen langzeitigen starken Cannabiskonsums auf die Größe zweier Hirnregionen. Die Forscher hatten einmalig die Volumina von Hippocampus und Amygdala bei einer Gruppe von starken Cannabiskonsumenten, die die Droge im Durchschnitt etwa zwanzig Jahre konsumiert hatten, und einer Gruppe von Nichtkonsumenten mittels aufwändiger bildgebender Verfahren bestimmt (siehe IACM-Informationen vom 7. Juni 2008). Da nur einmal gemessen wurde und eine ähnliche US-amerikanische Studie aus dem Jahre 2005 ein anderes Ergebnis ergeben hatte, ist unklar, ob Cannabis tatsächlich eine Schrumpfung dieser Gehirnregionen verursacht oder ob überhaupt eine Schrumpfung stattgefunden hat. Der Artikel der Presseagentur, der von vielen Zeitungen (Die Welt, Frankfurter Rundschau, Kölner Stadtanzeiger, Berliner Zeitung, etc.) abgedruckt wurde, lässt jedoch keine solche Zweifel zu, da er behauptet, die Konsumenten seien 20 Jahre lang begleitet worden:
"Tägliches Marihuana-Rauchen lässt Gehirn schrumpfen
Sydney (dpa) - Tägliches Marihuana-Rauchen lässt das Gehirn schrumpfen. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher an der Universität von Melbourne in Australien in einer Langzeitstudie.
Sie hatten 15 Männer, die mindestens fünf Joints am Tag rauchten, über 20 Jahre beobachtet und ihr Gehirn regelmäßig gemessen. Der für das Gedächtnis wichtige Hippocampus war bei ihnen nach 20 Jahren um zwölf Prozent kleiner als bei einer Kontrollgruppe, die kein Marihuana geraucht hatte. Der Mandelkern, der Emotionen verarbeitet, war in der Rauchergruppe sieben Prozent kleiner. Auch bei einem Gedächtnistest schnitten die Marihuana-Konsumenten wesentlich schlechter ab als die Kontrollgruppe.
'Das zeigt, dass täglicher schwerer Marihuana-Konsum tatsächlich giftig für das menschliche Gehirn sein kann', sagte der Neuropsychologe Murat Yucel der Zeitung 'Herald Sun'. Die Studie ist in der Fachzeitschrift 'Archives of General Psychiatry' der American Medical Association
veröffentlicht."
(Quelle: dpa vom 3. Juni 2008)
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IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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