ACM-Mitteilungen vom 06. Dezember 2008
- Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags für Kriminalisierung von Schwerkranken, die Cannabis aus medizinischen Gründen verwenden
- Die Schweizer Bevölkerung lehnt die generelle Legalisierung von Cannabis ab
- Krankenkassen betonen, dass die Erstattung der Behandlungskosten von Dronabinol keine Frage der Kosten ist
Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags für Kriminalisierung von Schwerkranken, die Cannabis aus medizinischen Gründen verwenden
Der Deutsche Bundestag hat am 3. Dezember mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und FDP zwei weitgehend gleich lautende Anträge der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zur medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten abgelehnt. Beide Anträge zielten auf eine Beendigung der gegenwärtig bestehenden Zweiklassenmedizin, auf die Möglichkeit der legalen medizinischen Verwendung von Cannabisprodukte durch alle Patienten, die nach Auffassung ihrer behandelnden Ärzte von einer solchen Therapie profitieren, und nicht nur für Vermögende, die sich das Medikament Dronabinol leisten können.
Der Gesundheitsausschuss stellt mit diesem Beschluss sicher, dass
- die Zweiklassenmedizin bei der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten erhalten bleibt,
- die Mehrzahl der Patienten, die von Cannabisprodukten profitieren, keine legale Perspektive erhält,
- diese Patienten nach dem Gesetz weiterhin wie Verbrecher behandelt werden und sich im kriminellen Milieu bewegen müssen,
- viele Patienten weiterhin gezwungen sind, sich mit Cannabis unsicherer Qualität auf dem Schwarzmarkt zu versorgen, und
- es keine relevante Kontrolle beim Betäubungsmittelverkehr im Zusammenhang mit der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten gibt.
"Dieser Beschluss, der niemandem nutzt und vielen schadet, den Patienten, dem Rechtsfrieden und der Glaubwürdigkeit der verantwortlichen Politiker, ist sicherlich enttäuschend, war jedoch leider zu erwarten", erklärte Dr. Franjo Grotenhermen, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin. "Allein schon die Animositäten zwischen den Bundestagsfraktionen und der Wunsch nach eigener Profilierung lassen meistens kein gemeinsames Handeln zu, umso eher, wenn es um ein so kontroverses Thema wie Cannabis geht. Das hemmt die Bundestagsabgeordneten, ihrer Verantwortung als Gesetzgeber gerecht zu werden."
Auf der Internetseite des Deutschen Bundestags findet sich dazu die folgende Meldung:
"Cannabis wird nicht zur medizinischen Behandlung freigegeben. Der Gesundheitsausschuss lehnte am Mittwochnachmittag zwei entsprechende Anträge von Bündnis 90/Die Grünen (16/7285) und Die Linke (16/9749) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP ab. Die Abgeordneten aller Fraktionen sprachen sich allerdings dafür aus, den Einsatz von Cannabis-Wirkstoffen wie Dronabinol unter bestimmten Voraussetzungen zu erleichtern.
Die Grünen betonten, in den bisherigen Beratungen und einer Anhörung sei deutlich geworden, dass es offenbar Probleme bei der Versorgung von Schwerstkranken mit Cannabis-Wirkstoffen gebe. Das liege unter anderem an einer rigiden Genehmigungspraxis. Die Linke, die in ihrem Antrag unter anderem die Freigabe des Anbaus von Cannabis für Schwerstkranke fordert, widersprach der Befürchtung, der Einsatz von Cannabis als Medikament könne zu Abhängigkeit führen. Das hätten die Experten bestätigt.
SPD und Union betonten dagegen, es gebe bereits die Möglichkeit zur Anwendung von Cannabis-Medikamenten, die Substanzen seien allerdings nicht zur Selbstmedikation geeignet. Entgegen den Aussagen der Linksfraktion seien bestehende Risiken von den Experten nicht ausgeräumt worden, hieß es aus den Reihen der CDU/CSU. Das Problem des schlechten Zugangs zu Dronabinol könne durch eine arzneimittelrechtliche Zulassung gelöst werden, so die SPD. Auch die FDP sprach sich gegen die komplette Freigabe von Cannabis zur medizinischen Verwendung aus."
Meldung auf der Seite des Deutschen Bundestags:
www.bundestag.de
(Quelle: Deutscher Bundestag)
Die Schweizer Bevölkerung lehnt die generelle Legalisierung von Cannabis ab
Wie die Schweizer Medien berichteten, wurde eine Initiative zur Legalisierung von Cannabis am 30. November abgelehnt. Eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes, die die bisherige Politik fortführen soll, wurde jedoch angenommen. Swissinfo berichtete wie folgt:
"Das Schweizer Stimmvolk will den bisherigen Kurs in der Drogenpolitik beibehalten. Die Hanf-Initiative ist an der Urne wuchtig abgelehnt worden. Eine klare Mehrheit hat dagegen der Revision des Betäubungsmittelgesetzes zugestimmt.
68 Prozent der Stimmenden waren für das Gesetz, 32 Prozent lehnten es ab. Die Stimmbeteiligung lag bei 47,3 Prozent. Mit der Revision wird die seit Jahren praktizierte Vier-Säulen-Strategie mit Prävention, Repression, Therapie und Schadensminderung im Gesetz verankert, ebenso die Abgabe von Heroin an Suchtkranke.
Die Parteien waren zufrieden mit dem deutlichen Ja. Das Stimmvolk habe die Drogenpolitik der letzten Jahre bestätigt und klar gemacht, dass diese weitergeführt werden solle, hiess es bei SP, CVP, FDP und Grünen.
Die SVP, die zusammen mit der EDU das Referendum gegen die Vorlage lanciert hatte, ruft den Bundesrat nun auf, die Abgabe von Heroin nicht auszuweiten und nicht auch andere Suchtmittel wie etwa Kokain abzugeben, wie Nationalrätin Andrea Geissbühler (BE) sagte. Die Kantone dürften nicht dazu gezwungen werden, so genannte Fixerstübli einzurichten."
Mehr unter:
www.swissinfo.ch
Krankenkassen betonen, dass die Erstattung der Behandlungskosten von Dronabinol keine Frage der Kosten ist
In einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk bestritt eine Vertreterin des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, dass die Kassen den Patienten ein wirksames Medikament vorenthalten würden, weil es den Kassen zu teuer sei. In der Aufzeichnung des Radiobeitrags der Sendung Leonardo ("Arzneimittel Cannabis: Von der Schwierigkeit, eine Droge als Medikament zuzulassen") vom 25. November heißt es:
"Nein, das ist definitiv keine Kostenfrage. Sehen Sie, wir bezahlen auch andere Mittel, die sehr teuer sind. Also gerade bei Krebs- oder Aidspatienten ist es nicht in erster Linie eine Frage des Preises, auf gar keinen Fall. Sondern es ist einfach der Verfahrensweg. Wir haben erstens einen Stoff, der nicht legal ist. Cannabis ist eine Droge, ist also nicht handelsfähig, weder für Ärzte noch für Krankenkassen und auch nicht für Patienten. Und auf der anderen Seite haben wir das Problem, dass der Stoff nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Also, es ist definitiv keine Kostenfrage."
Das Manuskript des Radiobeitrags findet sich unter:
www.wdr5.de/(...)/ms081125SchwerpunktCannabis.pdf
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